Wie Trump versucht, die Republikaner auf Linie zu bringen

Der Ex-Präsident unterstützt rechte Vorwahl-Herausforderer. Dutzende Trump-Loyalisten könnten moderate Republikaner verdrängen

  • Moritz Wichmann
  • Lesedauer: 4 Min.

Der Raum für Dissens mit der Parteilinie und für Widerspruch gegen Donald Trump wird kleiner bei den Republikanern. Das zeigt die parteiinterne Kampagne gegen rund ein Dutzend Republikaner-Abgeordnete aus dem Repräsentantenhaus, die im vergangenen Jahr für eine Amtsenthebung von Trump und für Joe Bidens Gesetzespaket zur Renovierung der Infrastruktur der USA stimmten. Aggressiver als noch zur Zeit seiner Präsidentschaft – als seine Unterstützung oft, aber nicht immer den Sieg für Kandidaten brachte – versucht Trump, die Republikaner stärker unter seine Kontrolle zu bringen.

Es gibt kaum noch Republikaner, die sich trauen, Trump zu widersprechen oder gegen die Parteilinie zu stimmen – und wenn, dann folgt die Strafe auf dem Fuße: durch den Ex-Präsidenten selbst und durch seine Anhänger, in der Form von Vorwahlherausforderungen. Vor den Zwischenwahlen im Herbst 2022 mischt sich Trump noch früher und aggressiver in die Vorwahlen der Partei ein. Damit will er mitbestimmen, wie die Zusammensetzung der republikanischen Parlamentsfraktion im US-Kongress im kommenden Jahr aussehen wird.

Zur Erinnerung: Vor einem Jahr stimmten zehn der 211 Republikaner im Abgeordnetenhaus für das Amtsenthebungsverfahren gegen Trump. Die Reaktion des Ex-Präsidenten war schnell und wütend. Besonders auf Liz Cheney hatte Trump es abgesehen, die damalige Nummer drei der Partei und Tochter des mit konservativen Sporen versehenen Ex-Vizepräsidenten Dick Cheney, die in der Folge ihres Amtes als Fraktionsvorsitzende enthoben und in den Rang einer normalen Abgeordneten degradiert wurde. Im September erklärte Trump öffentlich seine Unterstützung für Cheneys Vorwahlherausforderin Harriet Hageman. Anders als die »unloyale« Cheney werde Hageman für »Wahlsicherheit« kämpfen, also für Trumps Lüge vom eigenen Wahlsieg, so Trump.

Im November 2021 taten es 13 Republikaner-Abgeordnete dann erneut: Sie stimmten für eine bedeutende Initiative der Demokraten, den überparteilich ausgehandelten Infrastrukturpaket von US-Präsident Joe Biden. Trump hatte seine Partei vorher öffentlich aufgefordert, dagegen zu stimmen, um den Demokraten »keinen Sieg« zu geben.

Nicht alle moderaten Republikaner haben mittlerweile einen parteiinternen Vorwahlherausforderer, aber fast alle: Neun der zehn Abgeordneten, die für das Trump-Impeachment stimmten, und neun der 13 Repräsentantenhaus-Mitglieder, die für Bidens Infrastrukturpaket votierten. Deren Herausforderer haben zum Teil nach der öffentlichen Unterstützung durch Trump Spenden in hohem Umfang bekommen – eine wichtige Voraussetzung, um Amtsinhaber verdrängen zu können. Ziele der Trump-Bewegung sind auch die 35 Republikaner, die für die Einrichtung der Parlamentskommission zur Aufarbeitung des Sturms auf das Kapitol am 6. Januar 2021 stimmten.

So könnte der moderate Flügel der Republikaner-Fraktion nach den Zwischenwahlen im November noch kleiner werden, vielleicht könnte er gar politisch irrelevant werden, weil die Mehrheit der Partei so groß ausfallen wird, dass man sich bei Abstimmungen ein bis zwei Dutzend Abweichler erlauben kann. Laut ersten Projektionen in der Partei rechnet man angesichts hoher Inflation, der relativen Unbeliebtheit von Joe Biden und der Tatsache, dass die regierende Partei oft bei Zwischenwahlen verliert, mit einem Zugewinn von bis zu 63 Mandaten – über 50 Mandate mehr als zur Mehrheit notwendig.

Doch die Macht Trumps hat auch Grenzen und trotz seiner Wut handelt der Ex-Präsident mitunter strategisch, unterlässt zumindest teilweise eine Selbstsabotage der Partei in Wechselwählerwahlkreisen, wo zu rechte Kandidaten Wähler in der Mitte abschrecken würden.

Am deutlichsten sieht man die Grenzen von Trumps Macht im Senat. In der institutionell konservativeren, aber damit auch dem Status quo näheren und veränderungsfeindlicheren zweiten Parlamentskammer ist die numerisch kleinere 50-köpfige Republikaner-Fraktion weniger auf Trump-Linie. Sechs Republikaner-Senatoren stimmten für eine Amtsenthebung Trumps, gar 19 votierten für Bidens Infrastrukturpaket. Die auf sechs Jahre gewählten Senatoren haben sich etwas mehr Unabhängigkeit erhalten – noch.
Im Fall der bereits vorher als moderat bekannten Lisa Murkowski aus Alaska, die sich im November einer Wahl stellen muss, unterstützt Trump offiziell eine ihm loyale Herausforderin.

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Andere wie Pennsylvanias eher zentristischer Senator Pat Toomey entschlossen sich, angesichts des Klimas in der Partei nicht erneut anzutreten. In dem traditionellen Swing State oder auch in North Carolina sprach Trump ihm verbündeten Kandidaten die Unterstützung aus. In Missouri und Ohio buhlen gleich mehrere Trump-Loyalisten um die Gunst des Ex-Präsidenten. In der Vorwahl im konservativen Alabama unterstützt der Ex-Präsident den Rechtsaußen-Republikaner Mo Brooks, der mit ihm auf der Kundgebung am 6. Januar 2021 vor dem Weißen Haus auftrat und dann mit zur Stürmung des Kapitols aufrief. All das zeigt: Auch die Republikaner-Fraktion im Senat könnte ab November nach rechts rücken.

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