Neues Sozialzentrum am »Kotti« eröffnet

Angebot für drogenkranke und wohnungslose Menschen in Kreuzberg wird erweitert

  • Claudia Krieg
  • Lesedauer: 3 Min.

»Die Probleme am Kottbusser Tor sind komplex und können nur gesamtgesellschaftlich gelöst werden«, erklärt die Friedrichshain-Kreuzberger Gesundheitsstadträtin Regine Sommer-Wetter (Linke) anlässlich der Eröffnung eines neuen Gesundheits- und Sozialzentrums am Montag.

Die Probleme, die die Stadträtin meint, sind in der Tat mit der Hand zu greifen. Arme und wohnungslose Menschen versammeln sich im öffentlichen Raum, im Untergeschoss des U-Bahnhofs werden Drogen gehandelt. Viele, die sich hier tagsüber aufhalten, befinden sich in enorm schwierigen Lebenslagen. Immer wieder gerät der »Kotti« als sogenannter kriminalitätsbelasteter Ort in die Schlagzeilen. Innensenatorin Iris Spranger (SPD) will vor diesem Hintergrund dort lieber früher als später eine eigene Polizeiwache einrichten, die sieben Tage in der Woche rund um die Uhr besetzt ist. Doch vor 2023 wird das nichts werden.

Die Linke-Abgeordnete Elif Eralp, deren Kreuzberger Wahlkreis auch den südlichen Teil des Platzes umfasst, hatte im Gespräch mit »nd« erklärt, dass man von der Innensenatorin zunächst einmal ein Gesamtkonzept erwarte, »das auch die sozialen Problemlagen mitadressiert«. Eralp hält nicht nur »das ganze bisherige Verfahren für sehr problematisch«. Auch generell sieht sie die Eröffnung einer Polizeiwache ausgerechnet an diesem Ort kritisch. »Die Konflikte, die es am ›Kotti‹ gibt, lassen sich nicht mit einer Polizeiwache lösen.«

Ein anderer Ansatz ist demgegenüber die neue »Kontaktstelle Kotti«. Mit umfassenden Umbauarbeiten wurde in der Reichenberger Straße 176 ein Ort eingerichtet, der zum Ziel hat, denjenigen, deren Vulnerabilität bei den Debatten um das Kottbusser Tor selten im Mittelpunkt steht, eine Anlaufstelle und eine gewisse Sicherheit zu bieten: chronisch mehrfach beeinträchtigten und/oder wohnungslosen suchtkranken Menschen oder Drogengebrauchenden mit Migrations- oder Fluchthintergrund.

Die Staatssekretärin für Mieterschutz, Ülker Radziwill (SPD), sieht in der neuen Kontaktstelle einen »zentralen Beitrag«, damit »das Problem des Drogenkonsums im öffentlichen Raum am Kottbusser Tor unter Kontrolle gebracht wird«.

Die Kontaktstelle der Fixpunkt gGmbH ist das zweite solche Angebot im Bezirk und bietet in den neuen Räumen Aufenthaltsmöglichkeiten, niedrigschwellige Beratung, psychosoziale Krisenintervention und eine medizinische Not- und Erstversorgung an. Ein Schwerpunkt liegt auf der Hygiene. Es gibt Toiletten und Handwaschmöglichkeiten. Drogenabhängige Menschen sollen so die Möglichkeit haben, selbst mitgebrachte Substanzen unter hygienischen Bedingungen zu konsumieren - und unter medizinischer Aufsicht. Gebrauchte Spritzen und Nadeln werden fachgerecht entsorgt und sterile Konsumutensilien ausgegeben, heißt es von Fixpunkt.

Den Menschen sollen darüber hinaus verschiedene Beratungsmöglichkeiten zugänglich gemacht werden. Man wolle Menschen gezielt einladen, das Gesundheits- und Sozialzentrum zu nutzen. Dafür sollen Mitarbeiter*innen auch aufsuchend im Umfeld der Einrichtung tätig werden, so die Stelle. Nachbar*innen stehe das Zentrum zur Information, Beratung und Unterstützung bei rund um das Zentrum akut auftretenden Problemen mit Drogenkonsum im öffentlichen Raum zur Verfügung. Man werde weiterhin mit Polizei, Quartiersmanagement, Gewerbetreibenden, Hausverwaltungen und den Berliner Verkehrsbetrieben kooperieren.

Finanziert wird der Betrieb der Kontaktstelle mit Mitteln des Senats und des Bezirks.

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