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Ein Alleinherrscher gegen alle
Cyrus Salimi-Asl über die Auflösung des tunesischen Parlaments
Tunesiens Präsident Kais Saied hat das Parlament aufgelöst - per Dekret, so wie er seit Monaten als Alleinherrscher regiert. Es ist nicht ganz klar, ob er in dieser verworrenen Situation verfassungsrechtlich dazu ermächtigt war, aber Recht hin oder her: Mit seiner Entscheidung, verpackt in wütende Worte und begründet mit einem angeblichen Putschversuch der Parlamentarier, beweist Saied erneut, wie wenig er offenbar von demokratischen Gepflogenheiten und Institutionen hält. Und diese sollte gerade ein Staatsoberhaupt als Garant der Verfassung tunlichst respektieren.
Tunesien wurde einst als arabisches »Musterland« etikettiert, war es doch aus der Welle arabischer Revolten ab 2011 mit einem reformierten politischen System hervorgegangen, das Hoffnung machte für die Zukunft. Davon ist leider nicht viel übrig geblieben: Kais Saied hat im vergangenen Jahr erst die Parlamentarier in eine Zwangspause geschickt und den Regierungschef abgelöst, nun will er sich von den Wählern ein neues Parlament servieren lassen. Vermutlich eins, das ihm weniger Steine in den Weg liegt. Zwischendurch ließ er die Tunesier*innen sogar Vorschläge für eine neue Verfassung vorbringen. Klingt demokratisch, ändert aber nichts an der Form: Der wahre Putschist sitzt offensichtlich im Präsidentenpalast.
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