Wildaus Bürgermeisterin abgewählt

72,4 Prozent wollen, dass Rathauschefin Angela Homuth (SPD) ihr Amt verlässt

Angela Homuth (SPD) ist nicht mehr Bürgermeisterin von Wildau (Dahme-Spreewald). Die Einwohner der Stadt vor den Toren Berlins wählten die Politikerin am Sonntag ab. Bei einem Bürgerentscheid stimmten von insgesamt 8883 Wahlberechtigten 2957 für die Entfernung aus dem Amt und nur 1125 stimmten dagegen.

Die örtliche Bürgerinitiative für Demokratie und Toleranz, die seit einem Jahr für einen Neuanfang in Wildau kämpft, feierte das Ergebnis im Café 21 - wobei die Gäste das selbst bezahlten, wie die Initiative extra vermerkte. Warum das von Bedeutung ist? Ein Unternehmer hatte den Bürgermeisterwahlkampf von Homuth im Jahr 2019 mit einer 10 000-Euro-Spende unterstützt und außerdem damals noch die Rechnung eines Restaurants bezahlt, in dem Homuths Sieg gefeiert wurde. Weil die Kommunalpolitikerin sich bemüht haben soll, dem Unternehmer ein Grundstück der kommunalen Wohnungsgesellschaft weit unter Wert zuzuschanzen, geriet sie in den Verdacht der Bestechlichkeit und ins Visier der Justiz. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren zwar gegen Zahlung von 5500 Euro ein. So glimpflich kam Homuth aber nur davon, weil der Grundstücksdeal am Ende nicht zustande kam. Vorgeworfen wurde der Rathauschefin auch ein schlechter Führungsstil.

Spaß und Verantwortung

Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann

Die Bürgerinitiative, an deren Spitze die Eiskunstlauf-Weltmeisterin und DDR-Fernsehmoderatorin Christine Stüber-Errath steht, sprach am Sonntagabend von einem »haushohen Sieg für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit«. Alle, die das Geschehen im Rathaus immer herunterspielten, »sollten nun in sich gehen und darüber nachdenken, ob nicht die hohen moralischen Ansprüche, die an ein Bürgermeisteramt gestellt werden, in Wildau seit Amtsantritt von Angela Homuth verletzt worden sind«.

In der Stadt »stehen die Zeichen auf Neuanfang«, freute sich Linksfraktionschef Heinz Hillebrand am Montag. Eine »wunderbare Bürgerinitiative« habe Geschichte geschrieben. Es haben »Menschen aller Altersgruppen und sozialen Schichten, aus allen demokratischen Parteien und mit unterschiedlichen Fähigkeiten monatelang an einem Strang gezogen«, lobte Hillebrand. Sie hätten sich weder durch Beschimpfungen noch durch Strafandrohungen kleinkriegen lassen. »Die Vergabekommissionen von Demokratiepreisen sollten vielleicht mal nach Wildau schauen«, regte Hillebrand an. Er selbst hatte sich im Aufsichtsrat der kommunalen Wohnungsgesellschaft gegen den Verkauf des Grundstücks gestemmt und in dieser Sache als Whistleblower Journalisten informiert.

Vorwürfe machte Hillebrand der Mehrheit der Stadtverordneten, die in »Nibelungentreue« zu Homuth hielten und sich nun fragen sollten, »ob es nicht besser wäre, zu einer Politik der Kooperation zurückzukehren«. Vorwürfe machte er auch der Landtagsabgeordneten und SPD-Unterbezirksvorsitzenden Tina Fischer. Diese wollte das Problem nicht sehen und hatte die 10 000 Euro Wahlkampfhilfe als ganz normale Parteispende bezeichnet. Linksfraktionschef Hillebrand versicherte extra: »Ich habe kein Interesse daran, dass die SPD kommunal immer weiter absackt, weil dann oftmals die falschen Kräfte das Vakuum füllen.«

Der SPD-Ortsverein erklärte noch am Sonntagabend, mit Bedauern nehme man das Ergebnis des Bürgerentscheids zur Kenntnis. »Wir wünschen Angela nur das Beste und sagen Danke für ihre Arbeit.«

Wildau hatte vor dem Bürgerentscheid eine schmutzige Kampagne erlebt. Dazu gehörten beschmierte Plakate und das Agitieren gegen die Abwahl der Bürgermeisterin unter der Überschrift »Lügen - Labern - Linke Kader«.

Bis zur Neubesetzung des Postens von Angela Homuth leitet ihr bisheriger Stellvertreter Marc Anders (parteilos) die Stadtverwaltung.

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