Gut gelaunt ins Gasembargo

Berlins Wirtschaftssenator verbreitet Optimismus mit Blick auf einen Lieferstopp für russische Energie

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Energieversorgung Berlins sei trotz des Krieges in der Ukraine vorerst nicht gefährdet - das wolle er dann doch mal klarstellen, sagte Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos, für SPD) am Dienstag im Anschluss an die Senatssitzung. Man nehme die Lage ernst, sagte Schwarz: »Wir befinden uns aber nicht in einem Krisenfall. Wir haben keinen Energiemangel. Wir haben keine Knappheit an Ressourcen.«

Bei allem zur Schau getragenen Optimismus: Klar ist, dass das derzeit auf nationaler und internationaler Ebene intensiv diskutierte Embargo auf russisches Gas und Öl Berlin durchaus empfindlich treffen dürfte, sollte es von jetzt auf gleich kommen. Ein entsprechendes Analyse- und Strategiepapier der Wirtschafts- und Umweltverwaltung zur Energieversorgung in der Hauptstadt ist am Dienstag im Senat vorgestellt worden. Schwarz sprach vage von einer »Wucht an Komplexität«, die mit einem möglichen Ausfall der Energielieferungen aus Russland einhergehe.

Interessant an der internen Analyse ist nicht zuletzt der Umstand, dass man wohl im Detail bloß einen groben Überblick darüber hat, woher Berlin seine Energie bezieht. »Eine genaue Aufschlüsselung der Lieferquellen für in Berlin verbrauchte Energieträger existiert nicht, da eine landesspezifische Erhebung angesichts der überregional organisierten Märkte nicht möglich ist«, zitiert der »Tagesspiegel« aus dem Papier.

Schwarz bestätigte am Dienstag nur, dass das für die Gasversorgung zutreffe. »Anders ist das aber beim Öl.« Als gesichert darf dann jedoch auch gelten, dass es gerade bei einem Rohöl-Lieferstopp eng werden könnte für die Stadt. Denn die Länder Berlin und Brandenburg beziehen 95 Prozent ihres Benzins, Heizöls und Kerosins aus der Erdölraffinerie PCK Schwedt. Und die bezieht ihr Öl ausschließlich aus Russland.

Auch mit Blick auf diese »größere Abhängigkeit« übte sich Wirtschaftssenator Schwarz jedoch im Beruhigungsmodus. Falle Schwedt aus, weil der zu DDR-Zeiten als Druschba-Trasse bekannten Pipeline aus Russland der Hahn zugedreht wird, werde Berlin das Rohöl eben »von anderen Raffinerien aus dem Westen Deutschlands« beziehen. »Zukünftig werden die Tanklaster einen weiteren Weg fahren müssen«, prognostizierte Schwarz. Und: Das werde dann natürlich auch ein weiteres Mal »höhere Preise« nach sich ziehen.

Kurzfristig gelte es daher vor allem, im Fall der Fälle von Versorgungsengpässen betroffene Unternehmen zu unterstützen. Hierfür sei in seinem Haus eine Taskforce eingerichtet worden, »die, wenn es zu einer Mangellage kommt, auch als Ansprechpartner zur Verfügung steht«, so der Wirtschaftssenator. Mittel- und langfristig müsse es in Berlin aber darum gehen, »im Bereich der Wärmewende« voranzukommen und somit »die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen zu beschränken«. Immerhin, so Schwarz hinsichtlich der Kohlelieferungen aus Russland: »Bei der Kohle sind wir schon voll im Ausstiegsszenario.« Die aktuellen Vorräte auf Halde würden noch gut zwei Monate reichen. Dann sei hier Schluss.

Mit speziellen Förderprogrammen, Beratungsangeboten und staatlichen Zuschüssen will der Senat im Gegenzug unter anderem den Ausbau der Solarenergie forcieren. Wichtig sei, dass das Thema der baldmöglichsten Umstellung der Energieversorgung in der rot-grün-roten Landesregierung ressortübergreifend behandelt werde. Wie nun bei dem gemeinsam von Schwarz’ Haus und dem von Umweltsenatorin Bettina Jarasch (Grüne) - wenn auch erst nach über anderthalb Kriegsmonaten - erstellten Strategiepapier.

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