Traum vom Militärputsch

Franco A. sah sich selbst als neuen Anführer nach einem von ihm erhofften Umsturz

  • Joachim F. Tornau
  • Lesedauer: 3 Min.
Franco A. träumte schon als Schüler vom Umsturz. Der rechte Bundeswehroffizier, der sich seit knapp einem Jahr wegen Terrorverdachts vor dem Frankfurter Oberlandesgericht verantworten muss, war erst 18 Jahre alt, als er sich im Oktober 2007 seinem Tagebuch anvertraute: Um in Deutschland »das Ruder noch herumzureißen«, müsste man Soldat werden und sich dann an die Spitze der Armee setzen: »Darauf würde ein Militärputsch folgen.« Und er traue sich zu, diesen Weg zu gehen.

Viele Jahre später stieß der heute 33-Jährige beim Blättern in seinen Notizbüchern erneut auf diese »Militärputschgedanken«, wie er das nannte, und notierte: »Ich wusste gar nicht, dass ich darüber schon so lange nachdenke.« Es fällt schwer, das anders denn als Geständnis zu verstehen: dass er, als er diese Worte in sein Tagebuch schrieb, noch immer vom Putsch träumte. Als Soldat.

Der Eintrag, der am Montag vor Gericht verlesen wurde, ist nicht datiert. Er kann aber eigentlich nur aus dem Jahr 2014 stammen. Franco A. war zu diesem Zeitpunkt bereits Oberleutnant der Bundeswehr, hatte auf einer französischen Militärakademie studiert und galt als aufstrebendes Talent. Doch wegen einer Masterarbeit, in der er sein völkisch-antisemitisches Weltbild freimütig offenbart hatte, drohte ihm damals das Aus. Nur weil sich die Bundeswehr äußerst nachsichtig zeigte und ihn eine neue Abschlussarbeit schreiben ließ, durfte er bleiben. »Gerade jetzt berührt mich das«, schrieb Franco A. in seiner Reminiszenz an die »Militärputschgedanken« von einst, »weil ich fast die Streitkräfte hätte verlassen müssen.«

Die Bundesanwaltschaft wirft dem suspendierten Oberleutnant aus Offenbach die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat vor: Er habe Mordanschläge auf prominente Feindbilder der äußersten Rechten begehen wollen, sich dafür aufwendig eine Tarnidentität als geflüchteter Syrer aufgebaut und mehr als ein Jahr lang ein Doppelleben geführt. Seit Februar dieses Jahres sitzt Franco A. erneut in Untersuchungshaft, nachdem er bei einem Bundeswehrkameraden und Gesinnungsgenossen allerhand Nazi-Devotionalien und Notizbücher abgeholt hatte. Die entlarvende Bemerkung zur Aktualität seiner Putschfantasien gehörte zu dem, was die Ermittler in diesen Heften fanden.

Außerdem fanden sie, neben neuerlichem antisemitischen Geschwurbel, was Franco A. niederlegte, kurz nachdem er im Februar 2017 beim Abholen einer auf dem Wiener Flughafen versteckten Pistole von der Polizei erwischt worden war: Er werde schon gut durchkommen, weil die »Allmacht« auf seiner Seite sei. Das lese sich, als ob Franco A. »der Führer der Welt« habe werden wollen, befand Senatsvorsitzender Christoph Koller.
Ein anderes Mal notierte der Angeklagte: »Man darf den Leuten nicht so schnell die Endlösung zumuten.« Das wäre zu radikal. Eine Anspielung auf die Shoah? »Mir bricht jedes Schreibgerät ab, wenn ich dieses Wort nur schreiben soll«, kommentierte Koller. Franco A. will allerdings auch das nicht so gemeint haben, wieder einmal während des Prozesses. All das, erklärte er, sei rein spirituell zu verstehen.

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