Der Biber darf nicht an den Deich

Bilanz der Naturwacht: Große Sieger, kleine Verlierer

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 3 Min.

Mit inzwischen 1000 umgesetzten Naturschutz-Projekten können die Stiftung Naturschutzfonds Brandenburg und ihre Naturwacht eine »beeindruckende Bilanz« vorlegen. Wie Umweltminister Axel Vogel (Grüne) am Freitag bei der Jahrespressekonferenz der Naturwacht weiter mitteilte, sind beim Artenschutz Erfolge wie auch Misserfolge zu verzeichnen. Insgesamt sei der Rückgang der Artenvielfalt nicht gestoppt worden.

Der Natur- und Artenschutz in Brandenburg wurde in den vergangenen Jahrzehnten mit 75 Millionen Euro unterstützt, ergänzt mit 91 Millionen an Drittmitteln. Im vergangenen Jahr kamen 49 Naturschutzprojekte hinzu, die meisten in den Landkreisen Prignitz, Uckermark und Elbe-Elster. Zu den »unglaublichen« Erfolgen des Artenschutzes zählte Vogel die Großtrappe, die mit inzwischen rund 300 Tieren wieder die Populationsstärke von 1990 habe. Von der Roten Liste bedrohter Tierarten genommen werden konnten Vögel wie der Seeadler und der Fischadler sowie der Uhu. Biber, Fischotter und Wolf haben sich inzwischen wieder stabil angesiedelt. »Wir sind in Brandenburg kein Jammertal«, fasste Minister Vogel zusammen.

Doch vor allem kleinere Tierarten erleiden zum Teil dramatische Verluste. Vom Insektensterben und dem Rückgang bei den Bodenbrütern sprach Minister Vogel. Auf eine besorgniserregende Verminderung bei der Zahl der Lurche machte Naturwachtleiterin Britta Schmidt aufmerksam.

Der Amphibienschutz werde die Arbeit in den kommenden Jahren bestimmen, kündigte der Geschäftsführer der Stiftung Naturschutzfonds, Holger Rößling, an. Auch weiterhin soll ihm zufolge der »schöne Sound« der Froschkonzerte durch die märkischen Dörfer hallen. Mit »gezielten Maßnahmen« könne die gefährdete Rotbauchunke rechnen. Drei Dürrejahre in Folge haben die Lebensbedingungen für die Lurche »dramatisch verschlechtert«, erklärte Minister Vogel die negative Entwicklung bei der Amphibienpopulation. Bewilligt worden seien deshalb Projekte für die Wiederbelebung von Kleingewässern und für die Verbesserung des Wasserrückhalts in der Landschaft. Tierarten, die nach längerer Abwesenheit wieder auftauchen, werden laut Vogel vielfach zunächst als »Problem wahrgenommen.« So passt der angeborene Trieb des Bibers, Burgen zu bauen, »nicht immer zur Landnutzung daneben«, bestätigte Naturwachtleiterin Schmidt. Dann gelte es, zu vermitteln. Minister Vogel verneinte, dass vom Biber eine Gefahr für Deiche ausgehen könnte, die vor Hochwasser schützen sollen. Dort, wo Biber sich an Deiche heranmachen, »ist der Biber des Todes«. Im Deich habe der Biber »nichts zu suchen«. Vorbei die Zeit, in der nach langwierigen Genehmigungsverfahren der Biber am Deich nur gefangen und anderswo ausgesetzt werden durfte. Wieder zugenommen haben die Verstöße gegen das Naturschutzgesetz, gaben die Verantwortlichen bekannt. Genannt wurden »wildes« Campen und unerlaubte Feuerstellen. Diese Tendenz führte die Naturwachtchefin unter anderem darauf zurück, dass Corona vielen Menschen den Weg in die ausländischen Urlaubsgebiete versperrt habe und sie sich vermehrt in der heimischen Landschaft erholten.

Dass im Zuge des Krieges in der Ukraine jetzt vermehrt stillgelegte landwirtschaftliche Nutz- und Restflächen wieder beackert würden, sei nicht zu beobachten, sagte Stiftungs-Geschäftsführer Rößling auf Nachfrage. Das erhalte viele »relativ wertvolle« Lebensräume für Wildtiere.

Brandenburg verfügt über 15 Großschutzgebiete. Seine mit 97 Stellen ausgestattete Naturwacht bietet Informationsveranstaltungen unter anderem für Schulklassen an. Dass von nun an viele altgediente Naturparkranger in Rente gehen, eröffne sich die Möglichkeit, ihre Stellen mit jungen Rangern nachzubesetzen, heißt es.

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