- Berlin
- Rechtsruck
Brandenburg: Spremberg stemmt sich gegen rechte Raumnahme
Dutzende demonstrieren in der Brandenburger Kleinstadt gegen den »Dritten Weg«
Rund einen Monat nach dem Brandbrief der Bürgermeisterin von Spremberg gegen Rechtsextremismus hat die Lausitzer Stadt wieder Aufmerksamkeit erregt. Knapp 100 Menschen demonstrierten am Samstag nach einem Aufruf des Bündnisses Unteilbar Spremberg gegen eine Versammlung der rechtsextremen Kleinstpartei »Dritter Weg«.
»Aktuell erleben wir, wie Neonazis und Faschisten ihre völkischen Fantasien in unsere Stadt tragen und vor allem junge Menschen vereinnahmen wollen«, sagte Bündnisleiterin Bianca Broda. »Wir stellen uns dem heute entschieden entgegen.«
Zur Versammlung des »Dritten Wegs« – deutlich erkennbar durch Schilder und Banner – kamen knapp 50 Menschen, unter ihnen auch der Parteivorsitzende Matthias Fischer aus Angermünde und ein 21-jähriges Mitglied der Parteijugendorganisation »Nationalrevolutionäre Jugend« (NRJ). Die Wohnräume des 21-Jährigen waren nach einem gewaltvollen Übergriff auf ein Bürgerfest in Bad Freienwalde im Juni durchsucht worden. Der Angriff wurde von Brandenburgs Innenminister René Wilke (parteilos) mit dem »Dritten Weg« in Zusammenhang gebracht.
Auch bei der Gegendemo waren Plakate im Einsatz. Auf den bunten Pappen stand etwa »Vielfalt statt Einfalt« oder »Aufstehen, Hinsehen, Nazis im Weg stehen«. Die Botschaft laut Broda: »In Spremberg war und ist kein Platz für Rechtsextreme.«
Anwohner soll Hitlergruß gezeigt haben
Beide Versammlungen fanden an einem zentralen Verkehrspunkt in der Stadt statt. Broda berichtete von vielen Sympathisanten, aber auch von einigen, die im Vorbeifahren den Daumen nach unten oder den Mittelfinger gezeigt hätten. »Es wurde wirklich das breite Meinungsbild der Stadt sichtbar.«
Angaben der Polizei zufolge gab es keine Auseinandersetzungen, die Demos verliefen lautstark, aber getrennt voneinander. Die Beamten ermitteln nach einer Anzeige, nach der ein Anwohner einen Hitlergruß gezeigt haben soll.
Nach Brandbrief
Hintergrund ist ein Brandbrief zum Erstarken des Rechtsextremismus, mit dem die Bürgermeisterin der Kleinstadt, Christine Herntier, vor etwa vier Wochen bundesweit Aufmerksamkeit erregt hatte. In dem öffentlichen Brief an die Bürger führte sie unter anderem eine Flut von Schmierereien, verfassungsfeindlichen Symbolen, Verherrlichung des Nationalsozialismus und Sachbeschädigungen an öffentlichen Gebäuden auf. »Wir reden nicht darüber! Das ist doch schlimm!«, hatte sie im Amtsblatt der Kleinstadt geschrieben.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) stellte sich infolgedessen hinter die parteilose Rathauschefin. »Es ist richtig und mutig, dass Christine Herntier in so offener Art und Weise die rechtsextremistischen Umtriebe in ihrer Heimatstadt thematisiert«, sagte Woidke nach Erscheinen des Briefes. »Das Problem ist aber größer als Spremberg, es ist ein Problem unserer Gesellschaft in ganz Brandenburg und in ganz Deutschland.«
Bürgermeisterin sieht »erneuten Angriff«
Bürgermeisterin Herntier war bei der Gegendemonstration dabei, für sie eine »Selbstverständlichkeit«, wie sie vor Ort sagte. Sie ergänzte: »Ich sehe das ja auch als erneuten Angriff auf die Stadt Spremberg und da gehört es sich auch als Bürgermeisterin, dass man da Flagge zeigt.«
Früheren Aussagen von Herntier zufolge hätten Rechtsextreme sich Spremberg gezielt ausgesucht und würden die Stadt »dermaßen« mit ihren Inhalten überziehen. Es gebe Hinweise darauf, warum gerade diese Stadt das Ziel der Rechtsextremen sei, hatte Herntier gesagt. Weiter wollte sie darauf jedoch mit Verweis auf Verfassungsschutzinformationen nicht eingehen. dpa/nd
Wir haben einen Preis. Aber keinen Gewinn.
Die »nd.Genossenschaft« gehört den Menschen, die sie ermöglichen: unseren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die mit ihrem Beitrag linken Journalismus für alle sichern: ohne Gewinnmaximierung, Medienkonzern oder Tech-Milliardär.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen sichtbar machen, die sonst untergehen
→ Stimmen Gehör verschaffen, die oft überhört werden
→ Desinformation Fakten entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und vertiefen
Jetzt »Freiwillig zahlen« und die Finanzierung unserer solidarischen Zeitung unterstützen. Damit nd.bleibt.