Kommentierte Kommunisten

Über Denkmale und Demokraten

Er wollte die Weimarer Republik überwinden. Er wollte nach dem Vorbild der Sowjetunion ein Sowjetdeutschland. Er wollte die Diktatur des Proletariats. Das sind immer wieder vorgebrachte Argumente, warum es der 1944 im KZ Buchenwald ermordete KPD-Vorsitzende Ernst Thälmann angeblich nicht verdient habe, dass er als Nazi-Opfer mit einem Denkmal geehrt wird. Was da über Thälmann gesagt wird, ist nicht falsch. Er war Kommunist. Er träumte von einem Sowjetdeutschland. Mehr noch: Er war Josef Stalin treu.

Das könnte man auch dem tschechischen Journalisten Julius Fučík (1903–1943) ankreiden, den die Faschisten im Berliner Gefängnis Plötzensee gehängt haben. Er war Kommunist, er verherrlichte in seinen Reportagen die Sowjetunion trotz der Säuberungen und der Schauprozesse.

Aber wenn wir das Erinnern an ermordete Antifaschisten davon abhängig machen, ob diese Menschen nach heutigen Maßstäben lupenreine Demokraten waren, dann müssten wir noch sehr viel mehr Widerstandskämpfer verdammen. Aus dem Kreis der Verschwörer vom 20. Juli 1944 um den Hitler-Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg blieben nicht mehr viele übrig. Die Gedenktafel im Berliner Bendlerblock für die dort hingerichteten Offiziere müsste entfernt werden.

Besser die Denkmale bleiben erhalten und werden kommentiert – gern mit ergänzenden Informationen im Internet, wie es jetzt im Falle des Julius-Fučík-Denkmals im Bürgerpark Pankow geschehen ist. Beim Thälmann-Denkmal an der Greifswalder Straße sind die vollzogene künstlerische Kommentierung und die geplante historisch-kritische Einordnung umstritten. Doch die Angst, das Andenken an die ermordeten Kommunisten solle nur besudelt werden, sollte nicht von solchen Kommentierungen abhalten. Sie erfüllen immerhin die Funktion, nachgeborenen Generationen das Schicksal dieser Nazi-Opfer in Erinnerung zu rufen. Das ist besser, als wenn sie in Vergessenheit geraten.

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