Kein kleines Problem

Die AfD im U-Ausschuss sorgt für berechtigte Bedenken. Ein Eingeständnis der Problematik wäre angebracht, meint Nora Noll.

  • Nora Noll
  • Lesedauer: 2 Min.

Immer diese Kompromisse. Natürlich, es ist eine tolle (und längst überfällige) Nachricht, dass endlich ein Untersuchungsausschuss mit der Aufklärung des seit Jahren währenden rechtsextremen Terrors in Neukölln beginnt. So viele unbeantwortete Fragen gilt es zu bearbeiten: Wer ermordete Burak Bektaş vor zehn Jahren; warum haben die Ermittler*innen keinen Zusammenhang zu rechter Gewalt hergestellt? Welche Informationen unterschlug der erste Staatsanwalt im Verfahren gegen die Neonazis Tilo P. und Sebastian T.? Welche Rolle spielt die Polizei, wo doch mittlerweile mehrere Beamt*innen unter anderem wegen der Weitergabe von Dienstgeheimnissen angeklagt sind?

Doch neben der Hoffnung auf Antworten weckt die Zusammensetzung Zweifel daran, was der Ausschuss tatsächlich erreichen kann. Denn die AfD sitzt mit am Tisch. Eine Partei, deren ehemaliger Bezirksvorstand als Tatverdächtiger in der Brandanschlagserie gilt. Eine Partei, bei der man mit hoher Sicherheit davon ausgehen kann, dass sie versuchen wird, die Arbeit zu blockieren. Die sogar Informationen weitergeben und damit die Aufklärung nicht nur lähmen, sondern beschädigen könnte. Natürlich: Ein Ausschuss, der nach mehreren Monaten die Ermittlungsergebnisse in die Tonne treten muss, weil ein Gericht einer ausgeschlossenen AfD recht gegeben hätte, würde niemandem nutzen. Trotzdem müssen die Sorgen, die Ernüchterung, der Frust über diesen realpolitischen Kompromiss ernst genommen werden.

Müssten. Denn am 9. Juni beglückwünschten sich die Regierungsfraktionen gegenseitig, ohne auch nur auf die Bedenken bezüglich der AfD einzugehen. Es sollte den Rechten keine Bühne geboten werden, hieß es aus Ausschusskreisen. Vielleicht soll aber auch einfach die eigene, grandiose Anstrengung gegen den Faschismus nicht von Miesepetern geschmälert werden. Dabei steht hier nicht die ewige Entscheidung zwischen Reform und Revolution an. Ein Eingeständnis der Problematik und transparente Vorschläge, wie sich der Ausschuss gegen interne AfD-Sabotage rüsten kann, wäre angebrachter, als die Bedenken wegzuignorieren.

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