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Trockene Menschen auf trockenen Wiesen

Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) schlägt Alkoholverbot für Parks vor

  • Patrick Volknant
  • Lesedauer: 3 Min.

Immer wieder kommt es in Berliner Parks und Grünanlagen zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Nun will die Senatsinnenverwaltung über neue Sicherheitskonzepte für die Parkanlagen in der deutschen Hauptstadt nachdenken – und dabei zu Mitteln greifen, die nicht allen gefallen dürften.

»Wir entwickeln mit den Bezirken bereits in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe Lösungen«, sagte Innensenatorin Iris Spranger (SPD) der »Berliner Morgenpost« am Dienstag. Ziel sei ein »einheitliches Konzept«, um die Kriminalität unter Kontrolle zu bringen. Als einen Mitauslöser für Gewalt sieht Spranger unter anderem den übermäßigen Konsum von Alkohol und fordert deshalb: »Ab einem bestimmen Zeitpunkt muss auch ein Alkoholverbot ausgesprochen werden.«

Notfalls müssten Parks sogar eingezäunt werden, um das Verbot durchzusetzen. »Wenn keine anderen Möglichkeiten bleiben, muss man auch darüber nachdenken, Parks ab einem bestimmten Zeitpunkt zu schließen«, sagte die Innensenatorin. In den vergangenen Wochen kam es, wie im Vorjahr auch, mehrfach zu Polizeieinsätzen in den Parks. Am ersten Juni-Wochenende und in der Nacht zum vergangenen Sonntag sahen sich Polizist*innen dazu gezwungen, den James-Simon-Park in Mitte zu räumen. Bereits im vergangenen Sommer hatten sich Diebstähle und Gewalttaten in Grünanlagen gehäuft.

Die Vertreter*innen der von Spranger ins Leben gerufenen Arbeitsgruppe sind erstmals in der vergangenen Woche zusammengekommen. »Dass nicht jeder allein vor sich hin friemelt, ist erst mal gut«, sagte etwa der für Grünflächen zuständige Neuköllner Stadtrat Jochen Biedermann (Grüne). Parkordnungen zu überarbeiten und zu vereinheitlichen, reiche aber nicht aus. Zu Sprangers Vorstoß, in kritischen Situationen ein Alkoholverbot auszusprechen oder Parks einzuzäunen oder zu sperren, sagte Biedermann hingegen, er wolle anderen Bezirken keine Ratschläge erteilen. »In Neukölln sehe ich dafür derzeit aber keine Notwendigkeit.«

Entsetzt zeigte sich hingegen die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Katalin Gennburg, gegenüber »nd«. Dass die Innensenatorin nun offenbar beabsichtige, die Sperrung des Treptower Parks im vergangenen Jahr zum Präzedenzfall zu erheben, sei ein Skandal. »Das ist wie in der Kaiserzeit«, sagte Gennburg. »Ich bin wirklich sauer.« Von Parkschließungen seien vor allem ärmere Berlinerinnen und Berliner betroffen, denen so wichtige Freiräume in der Stadt genommen würden. »Wer in seiner Villa im Grunewald wohnt, den stört das natürlich überhaupt nicht.«

Als ehemaliges Mitglied im Stadtentwicklungsausschuss des Abgeordnetenhauses müsse die heutige Innensenatorin Spranger eigentlich wissen, dass Schließungen absolut indiskutabel seien, sagte Gennburg weiter. »Das sind Stadträume, die allen gehören. Ich bin nicht bereit zu akzeptieren, dass sie verriegelt werden.« Der Vorschlag Sprangers sei nichts anderes als »rechte Politik«. Hinzu kommt, dass die Berliner Polizei, die schon jetzt unter Personalmangel leidet, noch zusätzlich mit Kontrollen belastet würde. Das sei, so Gennburg, doch schon »extrem fragwürdig«.

Die Linke-Politikerin aus Treptow-Köpenick macht sich stattdessen für Nachtbürgermeisterinnen und -bürgermeister stark, die in den einzelnen Bezirken nach Lösungen suchen könnten. »Frau Spranger soll sich von der Clubcommission einladen und beraten lassen. Die fordert das seit langer Zeit«, so Gennburgs Rat an die Innensenatorin. mit dpa

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