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Gebt uns unseren Instagram-Account zurück!
Wer den Zugriff auf sein Instagram-Konto verliert, braucht starke Nerven, Durchhaltevermögen und oft auch juristische Unterstützung
Das Wort »Support« bedeutet eigentlich »Unterstützung«, beim sozialen Netzwerk Instagram könnte man allerdings meinen, es steht für »Hier ein paar Tipps und viel Glück damit«. Das lassen zahlreiche Erfahrungsberichte von Nutzer*innen vermuten, die Hilfe brauchten, weil sie den Zugriff auf ihr Konto verloren hatten, aber kaum bekamen. Denn meistens gilt: Wer die Kontrolle über sein Instagram-Konto verliert, braucht nicht nur starke Nerven, sondern auch juristische Unterstützung. So wie das »nd« im vergangenen halben Jahr.
Wie alles begann
Es wirkte wie ein nachträgliches Weihnachtsgeschenk: die Chance auf einen blauen Haken für unseren Instagram-Kanal. Wie auch andere soziale Netzwerke vergibt das Netzwerk dieses Symbol, um zu zeigen, dass es sich bei einem Account um den einer interessanten Person oder eines glaubwürdigen Unternehmens handelt. Der Haken am Ende des Profilnamens signalisiert den User*innen, dass es sich nicht um einen Fan- oder Fake-Account, sondern ein »echtes« Konto handelt. Das »nd« hat sich schon lange darum bemüht, daher machte die Direktnachricht von Instagram Ende des Jahres Hoffnung: Wir könnten uns durch wenige Klicks endlich verifizieren lassen.
Schnell noch das digitale Zeichen für Echtheit sichern, dann können die Sektkorken nicht nur am nahenden Silvesterabend knallen. Der Korken ging ins Auge: Die Nachricht enthielt einen Phishing-Link, über den wir schließlich den Zugang zu unserem Account verloren. Mailadresse und Passwort wurden geändert, nichts davon ließ sich zurücksetzen. Die Seite, auf die der Link führte, war auf den ersten Blick perfekt der üblichen Instagram-Seite nachgebaut.
Ärgerlich. Ein dämlicher Fehler. Aber Menschen machen Fehler, also ging es nun darum, den Kanal zurückzubekommen.
Die Odyssee im Meta-Universum
Wie schwierig es ist, einen gehackten oder anderweitig verlorenen Instagram-Account wieder zu bekommen, wurde über die folgenden Wochen und Monate deutlich. Der »Support« von Instagram ist ein Witz – nur alles andere als lustig. Niemals ist eine echte Person zu erreichen, es gibt weder eine Telefonnummer noch eine offizielle Mailadresse. Im Hilfebereich sind unter »Ich glaube, dass mein Instagram-Konto gehackt wurde« mehrere Schritte gelistet, die man tun kann: die Änderung der Mailadresse rückgängig machen, einen Anmelde-Link anfordern, eine Support-Anfrage schicken oder die Identität über ein Video-Selfie verifizieren. Begleitet werden die Schritte von einem Fenster mit der Frage »War das hilfreich?«
Nein! Keine der Optionen brachte uns unseren Account zurück.
Zum Glück konnten wir gut einen Monat lang noch Beiträge auf Instagram posten, weil der Account weiterhin mit der Meta Business Suite verknüpft war, über die Unternehmen ihre Facebook und Instagram-Kanäle zentral in einem Tool verwalten können. Instagram ist laut einer Hochrechnung mit 1,22 Milliarden aktiven Nutzer*innen weltweit eines der größten sozialen Netzwerke. Medien wie das »nd« kommen schon lange nicht mehr drum herum, ihre Inhalte auch auf solchen Plattformen zu verbreiten. Gleiches gilt für Facebook. Am 17. Januar 2022 wurde die Verknüpfung zur Business Suite gelöscht. Damit hatten wir keinerlei Kontrolle mehr über unseren Kanal. Nur bei einem hatten wir Glück: Derjenige, der unseren Instagram-Zugang übernommen hatte, nutze die Plattform des »nd« nicht für eigene Zwecke. Es wurden keine Fremdinhalte gepostet.
Wir waren erstmal ratlos. Wie in aller Welt bekommt man den Kontakt zu einer echten Person beim Unternehmen Meta Platforms Ireland, zu dem unter anderem die sozialen Netzwerke Instagram, Facebook und der Nachrichtendienst Whatsapp gehören. Ohne juristische Hilfe gar nicht. Also ging schließlich das erste Schreiben unseres Anwalts an Meta. Und wir bekamen tatsächlich eine Antwort, nur nicht die erhoffte: »Wir haben Ihre Anfrage erhalten und möchten Ihnen gerne helfen, aber wir benötigen zunächst weitere Informationen«, heißt es in der ersten Mail des Support. Eine Mailadresse, bestehend aus einem Zahlen- und Buchstabenchaos, mit der sich im Laufe der Zeit mal ein Sam, mal ein Adam melden, meistens jedoch niemand einen Namen drunter setzt. Wie gewünscht, teilten wir »so detailliert wie möglich« mit, was unser Problem ist, wie es dazu kam, mit welcher Mailadresse das Konto erstellt wurde und mit welcher Mailadresse es später verknüpft war. Das Ergebnis dieser ersten hoffnungsvollen Antwort an den Support: Da wir uns nicht über die Mailadresse gemeldet hatten, mit der der Account erstellt wurde, könne man uns »keinen Zugriff auf dieses Konto gewähren oder weitere Maßnahmen ergreifen«. Die anfängliche Hoffnung verpuffte und erneutes Grübeln setzte ein.
Wie in einer Endlosschleife
In der Tat war der Kanal vor vielen Jahren von einem Kollegen erstellt worden, der heute nicht mehr bei uns arbeitet. Unsere IT musste also die alte Mailadresse wieder aktivieren, bevor wir den nächsten Anlauf starteten, mit den selben Informationen, dem Mailverlauf im Anhang und wieder einmal großer Hoffnung auf Erfolg. Die Antwort blieb jedoch die gleiche. »Der Schutz der Privatsphäre der Personen, die Instagram nutzen, ist uns sehr wichtig«, hieß es weiter. Wir standen also vor der Herausforderung nachzuweisen, dass der Instagram-Account »nd.aktuell« tatsächlich dem »nd« gehört. Mittlerweile war es April.
In den weiteren Wochen und Monaten will Facebook jedes noch so kleine und leicht zu vergessene Detail wissen: Mit welchem Gerät wurde der Account erstellt – iPhone, Android oder am Computer? Wenn das Konto am Computer erstellt wurde – welches Betriebssystem hatte der? Zeitweilig kann unser Anliegen nicht geprüft werden, weil aufgrund von Corona weniger Personen im Support beschäftigt sind und nur die »dringendsten Fälle« bearbeitet werden. Im Wochenrhythmus hakt unser Anwalt bei Meta Platforms nach.
Wer private Fotos auf seinem Kanal postet, kann zur Verifizierung ein Bild von sich zusammen mit einem von Facebook erhaltenen Code nutzen. Eine Möglichkeit, die das »nd« mit seinen inhaltlichen Postings eigentlich nicht hat. Doch dann die kreative Idee: In einem der letzten Beiträge auf unserem Kanal war eine Kollegin zu sehen. Was, wenn wir ein Foto von ihr an den Support schicken? Die Bedingungen des Unternehmens sind dabei gleichermaßen konkret wie merkwürdig: Der Code muss auf einem »leeren Blatt Papier« stehen, »gefolgt von dem vollständigen Namen und Benutzernamen« der Person. Doch auch dieser Versuch bleibt ohne Erfolg. Unser Insta-Account für uns unerreichbar. Zeitweise erhalten wir sogar Mails zum Zurücksetzen des Passwortes für ein Facebook-Konto mit dem Namen »Neues Deutschland«, das zwei Kontakte in der Freundesliste hat und einem letzten Post im Jahr 2009.
Es ist inzwischen Mai geworden. Wieder geht ein Schreiben des Anwalts an Meta Platforms, wieder kommt die Bitte um weitere Informationen und wieder schicken wir alle Nachweise und Hinweise, die wir in den letzten Wochen schon versendet hatten.
Und dann klappt es. Plötzlich. Wir bekommen von Instagram einen Link und können das Passwort zurücksetzen und unseren Kanal wieder übernehmen. Ganz einfach. Warum und wieso es schließlich geklappt hat? Keine Ahnung. Die einzige Gewissheit, die es nach gut sechs Monaten gibt: Der »Support« von Instagram hat seinen Namen nicht verdient und ohne Hilfe durch eine Kanzlei kommt man mit Meta nicht in Kontakt. Seit Anfang Juni gibt es unsere linken News auch wieder auf Instagram! Fehlt nur noch das Symbol für Echtheit und Relevanz: der blaue Haken.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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