Der Haft entronnen

Ein russisches Gerichtsverfahren gegen die feministische Künstlerin Julia Zwetkowa endete heute mit ihrem Freispruch

  • Larissa Kunert
  • Lesedauer: 2 Min.
Feminismus – Der Haft entronnen

Wenige schwarze Striche auf einem rosa Hintergrund, die sich zu einer nur mit Unterhose bekleideten Frau verbinden. In der linken Hand hält sie einen Tampon. Daneben steht auf Russisch: »Lebende Frauen menstruieren und das ist normal!« Nahtlos würden sich diese Zeichnung ästhetisch und die dazugehörige feministische Botschaft politisch etwa ins »Zeit-Magazin« oder den »Atlantic« einfügen. Im östlichen Russland jedoch brachten diese und ähnliche Darstellungen ihrer Urheberin den Status einer politisch Verfolgten ein. Bereits 2019 verklagte die Staatsanwaltschaft in Komsomolsk am Amur die 29-jährige Künstlerin Julia Zwetkowa wegen der Verbreitung pornographischen Materials. Zwetkowa drohten bis zu sechs Jahren Haft, weil sie ihre Zeichnungen in Sozialen Medien geteilt hatte. Heute teilte sie nun nach einem dreijährigen Strafverfahren ihren Freispruch auf dem Nachrichtendienst Telegram mit.

Ein happy end ist das nur bedingt: Zwetkowa und ihre Mutter erhalten weiterhin zahlreiche Hassnachrichten inklusive Morddrohungen, zudem kann die Staatsanwaltschaft Berufung einlegen.

Zwar verfolgt Russland seit Jahren verstärkt die Verbreitung von Pornographie und sperrt seit 2016 Pornowebsites wie Pornhub und Youporn – doch Zeichnungen nackter Menschen stehen in dem Land nicht grundsätzlich unter Strafe. Dass Zwetkowas nicht besonders sexuell wirkende Zeichnungen als Pornographie gebrandmarkt werden, muss auf ihre politische Haltung zurückgeführt werden. Die Künstlerin setzt sich in Russland auch für LGBTIQ-Rechte ein und erhält für Darstellungen von gleichgeschlechtlichen Paaren seit Jahren Geldstrafen. Seit 2013 ist in Russland das Gesetz gegen »Homo-Propaganda« in Kraft, das jegliche öffentliche Darstellung von Homosexualität verbietet.

- Anzeige -
Dazu passende Podcast-Folgen:

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.