Diktator liefert Energie für Europa

Die Europäische Union verdoppelt ihren Gasimport aus Aserbaidschan

  • Daniel Säwert
  • Lesedauer: 2 Min.

»Die EU wendet sich zuverlässigeren Energielieferanten zu«, erklärte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Montag ihre Unterschrift unter den Vertrag mit dem aserbaidschanischen Staatspräsidenten Ilham Alijew. In den kommenden Jahren will die EU statt bisher 8,1 ganze 20 Milliarden Kubikmeter Erdgas aus der Südkaukasusrepublik importieren. Am Dienstag zog Italien nach und sicherte sich für 2022 zusätzliche vier Milliarden Kubikmeter Gas aus Algerien. In den kommenden 25 Jahren will der nordafrikanische Staat in Zusammenarbeit mit internationalen Ölmultis seine Förderung ausbauen.

Diese Nachrichten kommen bei all denen gut an, die sich gegen russische Energielieferungen aussprechen. In den vergangenen Jahren sei Deutschlands Abhängigkeit von russischem Gas gestiegen, schreibt Peter Heidt, menschenrechtspolitischer Sprecher der FPD-Bundestagsfraktion, auf Anfrage des »nd«. »Diesen Fehler der Merkel-Regierung müssen wir jetzt korrigieren«, so Heidt und räumt ein, dass das aktuelle Vorgehen aus menschrenrechtlicher Perspektive »sicherlich schwierig« ist. Frank Schwabe, menschrechtspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, wirbt für einen pragmatischen Blick auf den Deal mit Aserbaischan. Es handele sich im Grunde um ein Wirtschaftsabkommen, sagt Schwabe dem »nd«. Wie in anderen Fällen (etwa Katar und Russland) bezieht Deutschland seine Energie aus Ländern, die keine Demokratien sind. Schwabe erwartet indes, dass die EU zukünftig die Menschenrechtsverstöße klar anprangern wird. Man dürfe bei der Kritik nicht nachgeben, meint der Sozialdemokrat. FDP-Mann Heidt betont, dass man sich zwar »den Realitäten ein Stück weit anpassen« müsse, die Menschenrechte aber trotz solcher Verträge nicht ausgeklammert werden dürfen. Der Liberale verweist auf die im Koalitionsvertrag festgehaltene wertebasierte Außenpolitik der Bundesregierung.

Von der Linken kommt indes viel Kritik am Deal mit Diktator Alijew. »Den russischen Völkerrechtsbruch zum Anlass zu nehmen, um autoritäre Herrscher anderswo zu fördern, ist völlig konträr zu der von der Bundesregierung beschworenen wertebasierten Außenpolitik«, moniert Żaklin Nastić, Sprecherin für Menschenrechte in der Bundestagsfraktion, gegenüber dem »nd«. Es werde immer deutlicher, »in welche Bredouille sich die EU und die Bundesregierung mit den Russland-Sanktionen gebracht haben«, kritisiert Nastić das Vorgehen von Berlin und Brüssel. Die Europaabgeordnete der Linken Özlem Demirel wird wesentlich deutlicher. »Der Deal mit Aserbaidschan verdeutlicht die Doppelzüngigkeit der EU mit Blick auf das Völkerrecht und die Menschenrechte«, erklärte sie auf nd-Anfrage. »Was wir deutlich sehen, ist, dass dem sogenannten Werte-Westen im Kern Werte egal sind«, kritisiert Demirel die Haltung der EU insbesondere vor dem Hintergrund des letzten Bergkarabachkriegs.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.