Ampeln als Leuchttürme

Bis ein Fußverkehrsplan in Berlin für spürbar mehr Sicherheit sorgt, vergeht zu viel Zeit, meint Rainer Rutz

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 2 Min.

Fußgänger leben gefährlich in Berlin – und ihre Hauptfeinde sind und bleiben nun einmal Lkw und Pkw. Dass der rot-grün-rote Senat sich vorgenommen hat, spätestens 2024 einen Fußverkehrsplan zu verabschieden, mit dem genau dieses Gefahrenpotenzial verringert werden soll, ist in diesem Sinne erst mal zu begrüßen. Allein, die Sache ist hochkomplex, die Planung naturgemäß extrem kleinteilig.

Die Beteiligung der Bezirke an diesem Unterfangen ergibt zwar Sinn: Schließlich soll auf Kiezebene geplant werden. Wer auch nur ein wenig mit den zwischen dem Senat und den personell chronisch unterausgestatteten Bezirken verlässlich geführten Kleinkriegen um Verantwortlichkeiten vertraut ist, dem sollten mit Blick auf den sportlichen Zeitrahmen gleichwohl Schweißperlen auf die Stirn treten. 

Im besten Fall gibt es in zwei Jahren tatsächlich einen Entwurf für einen Fußverkehrsplan. Viele Seiten mit vielen Tabellen, Karten, Hinweisen. Bis daraus aber konkrete Umsetzungsschritte folgen, die berlinweit zu einer spürbar erhöhten Sicherheit für Fußgänger führen, dürften indes etliche weitere Jahre ins Land gehen. Zu viele Jahre.

Dabei hat es die Stadt in der Hand, die Prozesse zu beschleunigen. Eine Chance hierfür ergibt sich nicht zuletzt aus der Kommunalisierung des Berliner Ampelbetriebs zum 1. Januar 2023.

Es lohnt sich dabei, Erfahrungen aus anderen Großstädten zu nutzen. Verwiesen sei hier nur auf das Experiment aus London, bei dem Ampeln an schwächer frequentierten Straßen für Fußgänger dauerhaft auf Grün gestellt sind und erst dann auf Rot umspringen, wenn sich ein Auto nähert.

Natürlich werden auch fußgängerfreundliche Veränderungen bei Ampel-Schaltungen Unfälle nicht gänzlich verhindern können. Aber es wäre ein erster wichtiger Schritt. Einer dazu, der sich eigentlich schneller und unkomplizierter realisieren lassen müsste als die Ideen aus einem noch zu schreibenden Fußverkehrsplan. Aber wir sind ja in Berlin.

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