Auch auf der Linken tut sich was

Vor der Neuwahl des Parlaments in Italien formiert sich ein neues politisches Bündnis

  • Anna Maldini, Rom
  • Lesedauer: 4 Min.
Der frühere Staatsanwalt und Bürgermeister von Neapel Luigi De Magistris (Mitte) wirbt für die linke Volksunion.
Der frühere Staatsanwalt und Bürgermeister von Neapel Luigi De Magistris (Mitte) wirbt für die linke Volksunion.

In Italien haben sich mehrere Parteien und Gruppen zusammengeschlossen, die eine echte Alternative für alle darstellen wollen, die sich weder mit der Rechten, dem Zentrum noch den Sozialdemokraten und auch nicht mit der Fünf-Sterne-Bewegung identifizieren, die derzeit wie Schnee in der Sonne dahinschmilzt. Angeführt wird die Unione Popolare (Volksunion) vom ehemaligen Staatsanwalt und Bürgermeister von Neapel, Luigi de Magistris. »Wir bewegen uns außerhalb des politischen Systems, das Italien in den letzten Jahren regiert hat. Wir haben uns die Hände weder mit Krieg noch mit dem sozialen Gemetzel schmutzig gemacht, unter dem das italienische Volk leidet. Wir wollen beweisen, dass die notwendige Glaubwürdigkeit von Personen ausgeht, die gezeigt haben, auf welcher Seite sie stehen und die Macht nicht für persönliche Interessen missbrauchen, sondern allein, um die antifaschistische Verfassung umzusetzen«, sagt de Magistris.

Neben seiner Bewegung gehören zur Unione Popolare (UP) die Partei Rifondazione Comunista (Kommunistische Neugründung/Europäische Linke), die Gruppe ManifestA, die sich aus ehemaligen Parlamentarierinnen der 5-Sterne Bewegung zusammensetzt, sowie antifaschistische Organisationen und viele Einzelpersonen, die keine politische Heimat hatten.

Es wird nicht leicht für UP, Abgeordnete ins Parlament zu bringen. Zum einen, weil die Gespräche zur Bildung der neuen Partei noch in vollem Gange waren, als die Regierung von Mario Draghi stürzte. Man nahm an, dass die Wahlen erst im kommenden Frühjahr stattfinden und die plötzliche Wende hat das Projekt verkompliziert. Jetzt muss man innerhalb von nur wenigen Wochen die Listen aufstellen und vor allem die notwendigen beglaubigten Unterschriften sammeln. Gerade im August, wenn viele Italiener im Urlaub sind, große Fabriken pausieren und oft auch die Beamten, die die Papiere beglaubigen müssen, Ferien machen, ist das extrem schwierig. Aber dennoch – und darüber wundern sich selbst die Organisatoren – sind viele Bürger bereit, sich auch bei 40 Grad im Schatten zu engagieren.

Die politische Linke ist schon seit vielen Jahren nicht mehr im nationalen Parlament vertreten. Vor allem Rifondazione hat Abgeordnete auf regionaler und kommunaler Ebene (und auch im Europaparlament), aber landesweit gibt es keine Partei oder Gruppe, die eine reale Alternative zum Bestehenden darstellt. Und das Wahlgesetz ist ein Sammelsurium, das vor fünf Jahren von den großen Parteien verabschiedet wurde. Es sollte auf der einen Seite den Aufstieg der 5-Sterne-Bewegung verhindern (was bekanntlich nicht gelang) und auf der anderen Seite kleinere und neue Formationen ausschließen. Um eine eigene Fraktion bilden zu können, muss man entweder auf nationaler Ebene drei Prozent der Stimmen erhalten oder genügend einzelne Kandidaten in den Wahlkreisen mit Mehrheitswahlrecht durchbringen. Beides ist heute in Italien schwierig.

Die wichtigsten Programmpunkte der Unione Popolare sind eingängig: klimatische und soziale Gerechtigkeit, Gemeinsinn, die Verwirklichung nicht nur materieller Notwendigkeiten, Brüderlichkeit und Solidarität zwischen den Völkern, ein Europa der Kulturen und der Vielfalt. Außerdem: die Bekämpfung von Mafia und Korruption, für die sich Luigi de Magistris ein Leben lang eingesetzt hat und worüber heute in Italien keine Partei mehr spricht. Um diese Ziele zu finanzieren, will Unione Popolare die großen Finanzrenditen und die Extraprofite der multinationalen Unternehmen kräftig besteuern.

Maurizio Acerbo, Sekretär von Rifondazione Comunista, der organisatorisch stärksten Kraft in der neuen Koalition, erklärt das Engagement seiner Partei darin folgendermaßen: »Wir meinen, dass unser Land auch in den Institutionen eine Kraft braucht, die wirklich gegen den Krieg ist, die sich für die soziale und Geschlechtergerechtigkeit einsetzt, die antifaschistisch ist und für die Verfassung und ihre tatsächliche Anwendung arbeitet.« Seit Jahrzehnten werde Italien von Kräften regiert, die die Lebensbedingungen eines Großteils der Menschen nur verschlechtert hätten, beklagt Acerbo. »Und der kommende Herbst wird noch härter werden. Wir brauchen eine wirklich linke Opposition. Unione Popolare ist diese Kraft und auf dieser Grundlage wird sie viel erreichen.«

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