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  • Wassermangel in Berlin

»Masterplan Wasser« gegen die Hitze

Zwei Wasserwerke sollen wieder in Betrieb gehen. Aber auch Privathaushalte müssen sparen

  • Louisa Theresa Braun
  • Lesedauer: 5 Min.

Bettina Jarasch (Grüne) wirft einen kurzen prüfenden Blick auf die gelb-bräunliche Flüssigkeit in dem eleganten Wasserglas in ihrer Hand, dann nimmt sie vor den um sie herum versammelten Journalist*innen einen großen Schluck. »Man schmeckt einen kleinen Unterschied, aber es ist kein Problem, das zu trinken – Mutprobe bestanden«, sagt sie. Abgezapft wurde das »Rohwasser« aus einem dicken Rohr, das durch das Untergeschoss des Wasserwerks in Tegel verläuft. Eigentlich stattete die Umweltsenatorin den Berliner Wasserbetrieben am Mittwoch einen Besuch ab, um zu einem bewussten Umgang mit Wasser aufzurufen.

In diesem Teil des Wasserwerks beträgt die Temperatur nicht viel mehr als zehn Grad, kaum kommt man nach draußen, sind es fast 20 Grad mehr. Und das ist ein Problem: Hitze, Trockenheit und fehlender Regen – kurz: die Klimakrise – sorgen dafür, dass Wasser immer knapper wird. Zugleich steigt der Verbrauch, da die Metropolregion wächst, und durch den Strukturwandel und das Ende des Bergbaus in der Lausitz fließt weniger Wasser in die Spree als in den vergangenen Jahren. »Seit über 100 Jahren werden wir von eigenem Grundwasser versorgt. Nun werden wir einiges dafür tun müssen, dass das so bleibt«, sagt Jarasch. Dafür haben sich die Senatsumweltverwaltung und die Wasserbetriebe einen »Masterplan Wasser« überlegt.

Der besagt, dass zwei stillgelegte Wasserwerke in Jungfernheide und Johannisthal wieder in Betrieb genommen und in deren Umfeld neue Wasserschutzgebiete ausgewiesen werden. Außerdem sollen alle Wasserwerke mit zusätzlichen Reinigungsstufen ausgestattet werden, sodass Abwasser häufiger und besser neu aufbereitet werden kann. Das werde natürlich einiges kosten, sagt die Umweltsenatorin. »Ich bin froh, dass wir die Wasserwerke rekommunalisiert haben, sodass wir als Land Berlin die Steuerung in der Hand haben.«

Die zweite Antwort auf die Wasserkrise sei das Schwammstadt-Prinzip, nach dem Berlin entsiegelt und begrünt sowie Regenwasser aufgefangen werden soll. Dieses könne dann zum Beispiel auch für Toilettenspülungen oder Bewässerungen verwendet werden, sodass dafür kein kostbares Trinkwasser verschwendet werden muss.

Letztendlich müssten aber alle Berliner*innen zum Wassersparen beitragen, denn der Großteil des Trinkwassers werde in privaten Haushalten verbraucht. Das bedeutet, dass Gärten tagsüber nicht mehr gesprengt und das Füllen von Pools und Autowäschen entfallen sollten. Jeder Tropfen Wasser, vor allem warmes Wasser, bedeute schließlich auch Stromverbrauch. Im gesamten Berliner Wasserkreislauf von den Tiefenbrunnen bis zum Klärwerk stecke so viel Energie wie der Bezirk Lichtenberg pro Jahr verbrauche, verdeutlicht die Umweltsenatorin.

»Mit dem normalen Wasserbedarf der Stadt haben wir keine Probleme, aber uns machen die immer länger werdenden sommerlichen Spitzenzeiten Sorgen«, sagt der Leiter der Wasserbetriebe, Frank Bruckmann. Was das heißt, demonstriert Jens Feddern, Leiter der Wasserversorgung, anhand einer Grafik. Darauf ist zu sehen, dass ein Spitzenverbrauch von über 600 000 Kubikmetern Wasser am Tag in diesem Jahr schon im März begann, einen Monat früher als noch 2013, und bislang kaum unterbrochen wurde.

Trotzdem sei die Wasserversorgung auch in diesem Sommer sicher, beruhigt Bruckmann, dank der Uferfiltration in den Wasserwerken, die in dem anschließenden Rundgang durch das Tegeler Werk präsentiert wird. »Im Grunde bilden wir hier die Natur ab«, sagt Carsten Utke, Leiter des Wasserwerks in Tegel, in der großen Filterhalle, in der das Grundwasser in einer Reihe von Becken durch eine Kies- und Sandschicht filtriert wird. 15 Millionen Euro hätten die Wasserbetriebe in das System investiert.

Noch ist das Wasser hier etwas bräunlich, da es erst in einem weiteren Schritt durch Belüftung von Eisen und Mangan bereinigt wird. Trinkbar ist es dennoch, denn beide Stoffe sind nicht giftig. Das stellt Bettina Jarasch eine Etage und einige Temperaturgrade tiefer persönlich unter Beweis. »Wir nehmen die Stoffe natürlich noch raus, damit unsere Diensthemden beim Waschen weiß bleiben«, scherzt Stephan Natz, Sprecher der Wasserbetriebe.

Dass auch das funktioniert, wird im nächsten Raum sichtbar – oder eben nicht sichtbar: Durch eine Glasscheibe kann man durch rund elf Millionen Liter Wasser etwa sechs Meter in die Tiefe auf den gekachelten Boden des Reinwasserbehälters blicken. Schließlich geht es wieder nach draußen unter die glühende Sonne. Auch sie bleibt bei den Wasserbetrieben nicht ungenutzt. Direkt neben einem Tiefbrunnen, in den die Umweltsenatorin und Journalist*innen zum Abschluss noch einen Blick werfen, befindet sich eine große Solaranlage. Zumindest dafür ist der wolkenlose Himmel von Vorteil.

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