Nord-Linke will Wagenknecht loswerden

Landesparteitag in Schleswig-Holsteins fasst Beschluss gegen Ex-Fraktionschefin

  • Max Zeising
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Linke in Schleswig-Holstein will Sahra Wagenknecht loswerden. Die Delegierten des Nordwest-Verbandes fassten am Wochenende auf ihrem Parteitag in Kiel einen Beschluss, in dem der Bundesvorstand dazu aufgefordert wird, darauf hinzuwirken, dass die umstrittene Ex-Fraktionschefin aus der Bundestagsfraktion ausgeschlossen wird. Der auf dem Erfurter Parteitag im Juni neu gewählte Vorstand müsse die Linksfraktion auffordern, sich von Wagenknecht zu trennen, heißt es in dem Papier. Und: »Es ist sicherzustellen, den Kräften, die gegen die Beschlusslage der Partei sprechen, kein Rederecht mehr zu geben.«

Seit ihrer Bundestagsrede, in der sie dem Westen vorwarf, einen Wirtschaftskrieg gegen Russland vom Zaun gebrochen zu haben, befindet sich die innerparteiliche Debatte über Wagenknecht in einer Endlosschleife. Die Fronten sind klar, sie sind verhärtet: Auf der einen Seite stehen progressive Reformer*innen und Bewegungslinke, die sich eine gemeinsame Zukunft mit Wagenknecht aufgrund ihrer Positionen zu Migration, Klima und Russland nicht mehr vorstellen können. Auf der anderen Seite steht Wagenknechts eigenes Lager um Abgeordnete wie Klaus Ernst und Sevim Dağdelen, die einen Kurswechsel in der Außenpolitik beklagen und beispielsweise Sanktionen gegen Russland ablehnen. Dazwischen steht die Fraktionsführung um Dietmar Bartsch, der irgendwie versucht, den zerrütteten Laden zusammenzuhalten.

Nun wird seit geraumer Zeit spekuliert, ob Wagenknecht Die Linke verlassen und eine eigene Partei gründen könnte. Noch ist eine solche Abspaltung nicht in Sicht, jedoch hat sich die ehemalige Fraktionsvorsitzende, die mit den Bartsch-Reformer*innen seinerzeit ein Zweckbündnis geschmiedet hatte, zuletzt mehrfach nicht eindeutig zur Linken bekannt. »Die Zukunft ist offen«, sagte sie beispielsweise in einem Interview mit »Bild TV«.

In den Landesverbänden sieht man einer drohenden Spaltung derweil sehr unterschiedlich entgegen: Im Osten dominiert zwar das Reformer*innenlager, jedoch gibt es dort gerade unter älteren Genoss*innen auch viele Wagenknecht-Anhänger*innen. Wohl auch deshalb zeigen sich ostdeutsche Funktionsträger*innen zuweilen verhaltener.

In Nordrhein-Westfalen stehen die Mehrheitsverhältnisse gänzlich auf der Kippe, was auch ein Grund dafür war, dass der Parteitag am Wochenende recht chaotisch verlief. Ein Vertreter der Wagenknecht-nahen Strömung Sozialistische Linke beteuerte jedoch, dass man in der Partei bleiben wolle.

Ganz anders ist die Lage in Schleswig-Holstein, wo sich eine Mehrheit der Genoss*innen eindeutig gegen Wagenknecht positioniert: »Wir sehen mit Sorge, dass ein kleiner Teil der Partei, der sich dem ›Linkskonservatismus‹ verschrieben hat, offen über eine Parteigründung spricht«, heißt es in dem gefassten Beschluss. Die Linke dürfe »keine nationalistischen Ressentiments« bedienen und »keine Flanke nach rechts« öffnen. Wagenknecht hatte zuletzt auf Twitter die Grünen – und nicht die rechtsradikale AfD – als gefährlichste Partei im Bundestag bezeichnet. Die Nordwest-Linke sagt: »Im Zweifelsfall verteidigen wir gemeinsam mit Mitgliedern anderer demokratischer Parteien, bei allen Differenzen, bei aller notwendigen Kritik, demokratische und Freiheitsrechte gegen faschistische Bestrebungen und rechten Terror.«

Außerdem wählten die Delegierten im Norden eine neue Landesspitze: Die Krankenschwester Susanne Spethmann wurde im Amt bestätigt; an ihrer Seite steht nun Luca Grimminger, der sich mit 51 Prozent nur knapp gegen Oleg Gussew durchsetzte. Das Ergebnis sei jedoch nicht auf einen gespaltenen Landesverband zurückzuführen, sagte Grimminger dem »nd«: Es habe zwei gute Kandidaten gegeben. Bei der Landtagswahl im Mai war Die Linke klar am Einzug gescheitert.

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