Ein Anfang für mehr Frieden in Äthiopien

Martin Ling über den Waffenstillstand zwischen der Regierung und der Volksbefreiungsfront von Tigray

  • Martin Ling
  • Lesedauer: 2 Min.

Es ist ein erster Durchbruch, Frieden ist noch weit entfernt. Die Vermittlung des Waffenstillstands zwischen Äthiopien und der abtrünnigen Volksbefreiungsfront von Tigray durch die Afrikanische Union bei den Verhandlungen in Südafrika ist ein wichtiger Schritt, der den Weg zu einem Friedensprozess eröffnen könnte. Erste Voraussetzung dafür ist, dass der Waffenstillstand dieses Mal länger hält als die fünf Monate, die der im Februar vereinbarte gewährt hatte.

Der Konflikt zwischen Addis Abeba und Tigray hat den Hintergrund unzähliger Konflikte auf dieser Welt: nationalstaatliche territoriale Integrität trifft auf den Wunsch nach regionaler Selbstbestimmung. Im Vielvölkerstaat Äthiopien ist in der progressiven Verfassung das Recht auf Selbstbestimmung bis hin zum Recht auf Abspaltung sogar festgeschrieben. Das eröffnet einerseits Konfliktpotenzial, andererseits aber auch den Weg zu einem föderalen friedlichen Zusammenleben, wenn Zentrum und Peripherie beiderseits ausreichend Kompromissbereitschaft an den Tag legen.

In Äthiopien stieß der panäthiopische Ansatz des Friedensnobelpreisträgers Abiy Ahmed vielfach auf Ablehnung, weil die Regionen eine Entmachtung fürchteten – allen voran Tigray, dessen Elite nach dem Sturz von Mengistu 1991 bis zum Amtsantritt von Abiy 2018 die Geschicke ganz Äthiopiens lenkte. 

Es gibt einen natürlichen Zielkonflikt zwischen territorialer Integrität und Selbstbestimmungsrecht. Kriegerisch ausgetragen werden muss dieser Konflikt freilich nirgendwo. Wie Äthiopiens Zukunft aussehen wird, sollten die Äthiopier frei entscheiden können. Und das auf friedliche Weise. Der Waffenstillstand könnte dafür ein Anfang sein.

Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln

Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.

- Anzeige -
- Anzeige -