Trennung von Amt und Mandat per Gesetz

Brandenburgs Grüne streben eine Änderung der Landesverfassung an

In den Meinungsumfragen stehen Brandenburgs Grüne im Moment bei zehn bis elf Prozent. Das entspricht den 10,8 Prozent, die sie bei der Landtagswahl 2019 erhalten haben. Das war ihr bestes Ergebnis, das sie jemals bei einer Landtagswahl in Brandenburg erzielen konnten – und trotzdem ein bisschen enttäuschend, weil ihnen die Umfragen vor der Wahl bis zu 16 Prozent verheißen hatten. Gleichwohl reichte das Ergebnis zur ersten Regierungsbeteiligung der Ökopartei im Bundesland seit nunmehr fast 30 Jahren.

Jeder dritte Kandidat ein Neuling

Die nächste Landtagswahl gibt es voraussichtlich im September oder Oktober 2024. Im März 2024 jenen Jahres wollen die Grünen die Landesliste mit ihren Kandidaten aufstellen. Sie haben ihre weitere Regierungsbeteiligung »im Blick«. So heißt es ausdrücklich in einem Antrag zur Bildung einer Programmkommission, der am kommenden Samstag bei einer Landesdelegiertenkonferenz in der Stadthalle von Falkensee behandelt werden soll. Diese Delegiertenkonferenz – man kann sie auch Parteitag nennen – soll wegen der Corona-Pandemie in hybrider Form stattfinden. Das bedeutet, die Teilnehmer müssen nicht alle im Saal sein, sondern können sich auch online zuschalten. Wie viele das eine oder das andere tun werden, vermochte Pressesprecher Michael Mangold am Montag noch nicht genau abzuschätzen.

Zur Abstimmung steht eine Vielzahl von Anträgen und Änderungsanträgen. Darunter finden sich auch gewünschte Festlegungen zur Landesliste für kommende Landtags- und Bundestagswahlen und zur Trennung von Amt und Mandat. Umweltminister Axel Vogel und Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (beide Grüne) haben ihre Landtagsmandate abgegeben. So will es die Partei auch zukünftig halten. Bei der inzwischen oppositionellen Linken wurden die Mandate in der Zeit der rot-roten Koalition von 2009 bis 2019 mit Ausnahme von Wirtschaftsminister Ralf Christoffers und Umweltministerin Anita Tack auch abgegeben. Bei SPD und CDU ist das nicht üblich. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) ist auch Landtagsabgeordneter. Die drei aktuellen Minister der CDU sind es nicht, was aber Zufall ist.

Bei der Landesdelegiertenkonferenz der Grünen steht nun aber ein Antrag des Landesvorstands zur Debatte, sich für eine Verfassungsänderung einzusetzen. Ziel soll es sein, »die gleichzeitige Ausübung eines Landtagsmandats und eines Amtes in der Landesregierung auszuschließen«. Das Mandat könne in der Zeit der Ministertätigkeit ruhen und durch einen Nachrücker ausgeübt werden, heißt es. Zur Orientierung sollen entsprechende Regelungen in Bremen und Hamburg dienen. Es bräuchte freilich eine Einigung in der Koalition und eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag, um eine solche Verfassungsänderung zu bewerkstelligen. Was die Grünen allein regeln können, ist die Nominierung ihrer eigenen Landeslisten, und da wird dem Parteitag vorgeschlagen, dass mindestens jeder dritte Listenplatz mit einem Bewerber besetzt werden soll, der noch nicht zwei volle Legislaturperioden lang im Landtag gesessen hat. Für Listen für die Bundestagswahl wird das genauso vorgeschlagen.

Unbedingte Treue zur Ukraine

Dem Landesparteitag liegt auch ein Leitantrag unter der Überschrift »Unser Krisenmodus: Solidarität« vor. Gleich im ersten Satz heißt es: »Auch acht Monate nach Beginn des brutalen Angriffskrieges von Russland auf die Ukraine stehen wir weiter fest entschlossen und solidarisch an der Seite der Ukraine.« Russlands Präsident Wladimir Putin dürfe diesen Krieg nicht gewinnen. Daher stünden Brandenburgs Grüne fest hinter den Beschlüssen der Bundesregierung und insbesondere hinter den Sanktionen gegen Russland.

Dass die Folgen auch in Brandenburg spürbar sind, ist der Ökopartei bewusst. Ihr zufolge dürfte es keine Flüchtlinge erster und zweiter Klasse geben, und solche aus Afghanistan dürften nicht schlechter behandelt werden als solche aus der Ukraine, wie es aber leider der Fall ist. »Inakzeptabel« ist aus Sicht des Leitantrags, dass in der jetzigen Situation die Kapazitäten der Erstaufnahme für Flüchtlinge am Standort Doberlug-Kirchhain durch das Innenministerium heruntergefahren werden.

Die gestiegenen Preise werden nach Überzeugung der Grünen auch in Zukunft nicht signifikant sinken. Für viele Menschen gehe es nicht um die Frage, »die Heizung ein Grad kälter zu stellen oder sich einen Pullover mehr anzuziehen, sondern darum, wie sie sich am Ende des Monats noch genug zu essen leisten können«. Die Belastungen müssten solidarisch verteilt werden. Die zwei Milliarden Euro, die das Land für Entlastungen einsetzen wolle, dürften nicht so mit der Gießkanne verteilt werden, dass auch diejenigen etwas erhalten, die mehr schultern können. Die Löhne sollen so steigen wie die Preise. Dazu soll die im Koalitionsvertrag mit SPD und CDU vereinbarte Tariftreueklausel endlich ins brandenburgische Vergabegesetz eingefügt werden. Das würde bedeuten, dass Tariflöhne zur Bedingung für Aufträge vom Land und von den Kommunen gemacht werden. Für das geplante bundesweite 49-Euro-Ticket wünschen sich die Grünen Subventionen vom Land, damit Brandenburger für diesen Fahrschein für Bus und Bahn nur 29 Euro im Monat bezahlen müssen.

Mehr Kohle zu verstromen und die Laufzeit der Atomkraftwerke zu verlängern, lehnt der Leitantrag ab. »Wir bestehen darauf, dass alle deutschen Atomkraftwerke spätestens zum 15. April 2023 vom Netz gehen.« Alles andere würde nur den Umstieg auf erneuerbare Energien verschleppen.

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