Attacke im Stil der 90er Jahre

In Frankfurt (Oder) greift eine Gruppe Neonazis Haus und Verein an

  • Claudia Krieg
  • Lesedauer: 3 Min.

»Dass es Neonazis waren, die die Menschen angegriffen haben, daran haben sie selbst mit ihren Rufen und Drohungen keinen Zweifel gelassen«, sagt ein Sprecher des Vereins Utopia zu »nd«. Zum Glück sei in der Nacht von Samstag auf Sonntag niemand verletzt worden.

Der Verein sitzt in einem Gebäude an der Bergstraße, Ecke Berliner Straße in Frankfurt (Oder). In dem privat vermieteten Haus leben auch Familien und Wohngemeinschaften. Gegen 22 Uhr am Samstagabend haben nach Aussage des Vereins fünf bis sechs Personen versucht, eine Holzterrasse des ebenfalls dort ansässigen Vereins Flexible Jugendarbeit Frankfurt (Oder) im Hinterhof der Berliner Straße 24 anzuzünden. Anwohnende riefen die Feuerwehr, diese erschien auch, hatte aber nicht viel zu löschen. Die Polizei sei nicht gekommen, so der Sprecher.

Davor und danach hatten sich die Täter laut einer am Donnerstag herausgegebenen Pressemitteilung in der im gleichen Haus gelegenen »Bierbar« versammelt. Nachdem das Barpersonal von Anwohnenden aufgefordert wurde, die Personen des Lokals zu verweisen, stürmte die als aggressiv geschilderte Gruppe noch einmal den Hinterhof des Hauses und griff dort Bewohnerinnen mit Bierflaschen und Steinen an. Als diese sich ins Treppenhaus flüchten konnten, versuchten die Täter, mehrere Haustüren aufzubrechen. Während des Angriffes zeigten die Angreifer den Hitlergruß und stießen volksverhetzende Rufe und Drohungen aus.

Dies ist nun auch der Grund, dass die Polizei von Amts wegen Ermittlungen wegen Volksverhetzung, Landfriedensbruch und Beleidigung aufgenommen hat. Beamte stellten die Täter in der Frankfurter Innenstadt, nachdem diese vom Ort des Angriffs noch unbehelligt anderthalb Kilometer weiterziehen konnten. Laut Polizei beleidigte die Gruppe zwei Männer »ausländerfeindlich«. Sie nahm die Personalien auf und ließ die Neonazis gehen. Es habe sich um fünf Männer im Alter von 19, 22, 32, 40 und 48 Jahren gehandelt, teilte sie am gleichen Abend mit.

Für die Vereine Utopia und Flexible Jugendarbeit, aber auch für Anwohner*innen stellt dieser Angriff einen »neuen Höhepunkt faschistischer Gewalt in Frankfurt (Oder)« dar. Er habe »nicht Einzelnen, sondern der demokratischen Stadtgesellschaft insgesamt« gegolten.

Eine fragwürdige Rolle komme in der Sache der »Bierbar« zu. »Wir haben als Vereine hier laufend Beleidigungen und Drohungen durch deren Kundschaft«, erklärt der Utopia-Sprecher. Man vermisse ein deutliches Einschreiten, wenn immer wieder rassistische Anfeindungen lautstark geäußert werden. Man wünsche sich »ein Klima, das die Sicherheit und ein gutes Miteinander in diesem Quartier gewährleistet«, heißt es in der Erklärung. Stattdessen stehe die Kneipe seit 15 Jahren in der Tradition, rechten Gruppierungen Räume zu bieten. Trotz Dementis des Betreibers seien Gäste eindeutig in die gewalttätige rechte Szene der Oderstadt einzuordnen. Eine Gruppierung namens »Bruderschaft Wolfsschar« war hier zuletzt durch aggressive Kundgebungen mit antisemitischen und rassistischen Inhalten in Erscheinung getreten.

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