Weg mit den Zäunen

Ulrike Wagener über Diskussionen zum Tag der Migranten

  • Ulrike Wagener
  • Lesedauer: 2 Min.

Wer Migration mit Zäunen und Mauern eindämmen will, nimmt Tote in Kauf. Das war in der DDR so, als Menschen an der Ausreise gehindert werden sollten. Und das ist in der EU so, wenn Menschen an der Einreise gehindert werden sollen. Es ist menschenverachtend, wenn Politiker wie der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer pünktlich zum Internationalen Tag der Migrant*innen am Sonntag das »Tabu Zäune« brechen will und von der EU Geld für Grenzzäune in Rumänien, Bulgarien und Ungarn fordert.

Normalerweise interessieren sich Regierungschefs zumindest zu Jahrestagen für die Nöte der unterdrückten Gruppen unserer Gesellschaft. Für Eingewanderte scheint das nicht zu gelten. Weltweit gibt es rund 281 Millionen internationale Migrant*innen, etwa 103 Millionen Menschen sind auf der Flucht. Im Vergleich dazu sind 308 000 EU-Grenzübertritte, die Frontex vermeldet, gering. Gewalt, Hunger, Krieg, Klimakatastrophen und fehlende Perspektiven zwingen Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen. Und die EU empfängt sie mit Gewalt.

Als Donald Trump eine Mauer die Mauer zwischen USA und Mexiko erweitern ließ, sagte selbst die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel: »Das Errichten von Mauern und Abschottung wird das Problem nicht lösen.« Das ist auch der Stand der Forschung. Mauern und Zäune verhindern Migration und Flucht nicht. Sie machen sie nur gefährlicher. Menschen nehmen andere, riskantere Routen. Oder sie versuchen, die Absperrung zu überwinden mit Leitern, Zangen oder Tunneln. Wozu das führt, konnte man zuletzt an den mehreren Dutzend Toten sehen, die versucht hatten, die spanische Exklave Melilla zu erreichen.

Das »Tabu Zäune« ist längst gebrochen. Millionen von Steuergeldern werden für tödliche Barrieren ausgegeben, die nachweislich Migration nicht verhindern. Stattdessen sollte man sich mit Fluchtursachen beschäftigen und Migration als Normalität anerkennen.

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