Strafe besser abschaffen

Matthias Monroy zur Halbierung der Ersatzfreiheitsstrafe

Buschmann und Faeser haben sich offenbar geeinigt (Symboldbild).
Buschmann und Faeser haben sich offenbar geeinigt (Symboldbild).

»Und noch mehr Einigkeit in der Bundesregierung«, frohlockt der Account des Justizministers Marco Buschmann (FDP) auf Twitter: Gemeint ist die Halbierung der Ersatzfreiheitsstrafe. Bislang hatte sich das Innenministerium unter Nancy Faeser (SPD) in der Ressortabstimmung dagegen gesperrt.

Ersatzfreiheitsstrafen nach Paragraf 43 des Strafgesetzbuches treffen Menschen, die sich ein Bußgeld nicht leisten können und deshalb vom Gericht ins Gefängnis geschickt werden. Die Dauer bemisst sich an der Höhe der Geldstrafe und dem Nettoeinkommen, ein Tagesverdienst entsprach bislang einem Tag Haft. Betroffene, die eine solche Strafe verbüßen, machen ein Zehntel aller Insassen des Strafvollzugs in der Bundesrepublik aus. Nach Schätzungen sind viele außerdem obdachlos und suizidgefährdet.

Faeser soll sich gesorgt haben, dass von der Reform gewalttätige Partner profitieren könnten und die Zahlungsbereitschaft der Verurteilten insgesamt nachlassen werde. Körperverletzungsdelikte spielten in diesem Bereich aber kaum eine Rolle, so Buschmann. Der Einfluss der Neuregelung auf die Zahlungsmoral soll zu einem späteren Zeitpunkt evaluiert werden, gegebenenfalls wäre dann »nachzusteuern«.

Eine »historische Reform«, wie Buschmann schreibt, ist das aber nicht. Das Gesetz, wenn es denn den Bundestag passiert, setzt weiter auf Bestrafung statt auf soziale Gerechtigkeit. Die rund 56 000 jährlich vollstreckten Ersatzfreiheitsstrafen treffen den weniger privilegierten Teil der Bevölkerung, also Menschen, die ohnehin von knappen Sozialleistungen leben müssen. Ein Großteil der verhängten Haft entfällt auf das Fahren ohne Fahrschein. Konsequent wäre deshalb die Entkriminalisierung dieser Bagatelldelikte und die komplette Abschaffung der Ersatzfreiheitstrafe, die im Kern eine Klassenjustiz darstellt.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal