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Einfach mal Danke sagen
Über belehrende Spartipps von Politikern
Die Heizung herunterregeln, die Beleuchtung dimmen, sich einen Pullover überziehen, seltener unter die Dusche gehen oder es lieber ganz lassen und den Waschlappen nehmen: Das alles ist in der Energiekrise gar nicht verkehrt, der Kosten wegen und dem Klimaschutz zuliebe. Man möchte diese Ratschläge aber nicht von Politikern hören, von denen bekannt ist, dass sie sich persönlich keine Sorgen wegen ihrer Gasrechnung machen müssen, wie hoch die Rechnung auch ausfällt. Politiker dürfen ihre in belehrendem Ton vorgetragenen Spartipps sehr gerne für sich behalten. Da ist die Grenze des Erträglichen schon mindestens ebenso lange erreicht wie die Belastungsgrenze der Bevölkerung bei den Preisen.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zeigte sich jetzt klüger als ihr Parteifreund, der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der uns eine Lektion über Waschlappen erteilen wollte. Anstatt die Bevölkerung mit einem neuerlichen Energiesparappell zu behelligen und dabei womöglich zu kritisieren, es werde noch nicht genug gefroren, ergriff Baerbock am Freitag bei einem Termin im brandenburgischen Reserve-Gaskraftwerk Thyrow geistesgegenwärtig die Gelegenheit, den Bürgern kurz vor Weihnachten herzlich dafür zu danken, was sie bisher schon gespart und erduldet haben.
Die Ministerin erwähnte freilich, dass die ukrainische Zivilbevölkerung durch den russischen Angriff ungleich mehr erleiden musste. Stimmt ja auch: Besser in der Wohnung frieren als im Luftschutzkeller. Aber das tröstet nur auf eine seltsame Weise. Darum fand Baerbock schnell zu ihrer Botschaft zurück und sagte noch einmal ganz deutlich: »Dankeschön!« Da entgegne ich doch ehrlichen Herzens: »Bitte sehr!« Aber noch ein »gern geschehen« daran zu hängen, erscheint mir dann doch unpassend.
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