Freiheit, die der Sorbe meint

Neue Ausstellung im brandenburgischen Landtag blickt auf die vergangenen 100 Jahre der slawischen Minderheit

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 3 Min.

»Wie sonderbar die Welt sich dreht« lautet der Titel eines der Sorbenlieder, die bei Eröffnung einer neuen Ausstellung im Foyer des brandenburgischen Landtags am Dienstagabend gespielt wurden. Unter dem Titel »Die Freiheit winkt! Die Sorben und die Minderheitenfrage nach 1918« präsentiert das Sorbische Institut Dokumente und Bilder, die das Selbstverständnis der nationalen Minderheit im Süden Brandenburgs näherbringen – und den Blick, den die deutsche Umgebung auf sie warf.

Während im Kaiserreich die sorbische Sprache noch unterdrückt wurde, ist heute am Potsdamer Fortunaportal unter anderem auf Sorbisch zu lesen, dass sich hinter dem Tor das Landtagsgebäude befindet. Hierauf machte Landtagspräsidentin Ulrike Liedke (SPD) in ihren Begrüßungsworten aufmerksam. Freiheit bleibe auch für die Sorben das, was sie immer gewesen sei: »ein großes, heres Versprechen«.

Obwohl sich der Hauptsitz des Sorbischen Instituts im sächsischen Bautzen befinde, handle es sich um eine auch für Brandenburg (und damit die Niederlausitz) zuständige Einrichtung, betonte sein Direktor Hauke Bartels. Zum Institut gehören eine Bibliothek und das Sorbische Kulturarchiv – quasi mit dem Statuts eines Nationalarchivs und einer Nationalbibliothek der Sorben.Obwohl sich der Hauptsitz des Sorbischen Instituts im sächsischen Bautzen befinde, handle es sich doch um eine für Brandenburg zuständige Einrichtung, betonte sein Direktor Hauke Bartels. Die Sorben selbst seien »historisch nie staatenbildend« in Erscheinung getreten. Die Ausstellung zeigt, dass es sowohl nach dem Ersten wie auch nach dem Zweiten Weltkrieg durchaus Bestrebungen gab, das zu ändern, Bestrebungen also zu einem eigenständigen Staat.

Bei den Verhandlungen nach dem Ersten Weltkrieg in Paris sei eine sorbische Delegation mit diesem Anliegen angehört worden, sagte Institutsmitarbeiter Friedrich Pollack. Geholfen habe es nichts: Der Versailler Vertrag habe die Sorben »mit keinem Wort erwähnt« und doch seien die Behörden in Deutschland alarmiert gewesen. In der Weimarer Reichsverfassung war den Sorben zwar der Schutz ihrer Sprache und ihres Brauchtums zugesichert worden. Parallel versuchte man aber, separatistische Bestrebungen zu bekämpfen und die »deutsche Kultur« unter den Sorben zu verbreiten. Als nach 1933 die teilweise erfolgreichen Vereinnahmungsversuche der Nazis an ihre Grenzen stießen, wurden auch sorbische Organisationen verboten. Die Verfolgung sorbischer Intellektueller begann. 

In den Anfangsjahren der DDR tauchten schließlich erneut Abspaltungsforderungen auf. »Durch minderheitenpolitische Zugeständnisse gelingt es den neuen Machthabern, diesen Konflikt zu befrieden«, heißt es in der Ausstellung. Ansonsten lebten die Sorben ihr Leben als DDR-Bürger mit allem, was für andere auch dazugehörte. Unablässig wurden sie allerdings in Trachten dargestellt, beispielsweise auf Briefmarken. Der Fokus lag auf ihrer Fremdartigkeit, der anderen Sprache und ihren Bräuchen. Unter der Hand war in der DDR sogar schon von »Zwangssorben« die Rede. 

Zudem befanden sich bedeutende Teile des Braunkohletagebaus im sorbischen Gebiet, nicht wenige Ortschaften fielen dem Bagger zum Opfer. Auch nach der Wende blieb das Thema präsent. Die 90er Jahre standen im Zeichen des Kampfes um die Lausitzer Ortschaft Horno, die letztlich weichen musste. Es war ein Politikum, als es am Ende hieß: »Horno ist eine deutsche Gründung.«

Hauke Bartels, Direktor des Sorbischen Instituts, dankte der Landesregierung zum Beispiel für die Unterstützung beim Vorhaben, Rechts- und Verwaltungstexte in die niedersorbische Sprache zu übersetzen. 

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