Armut und Hunger wachsen rasant

Entwicklungsorganisation Oxfam spricht von explodierender Ungleichheit

Die Reichen werden immer reicher, das ist nichts Neues, doch geht die Entwicklung nun rasanter als die vorherigen Jahre voran. Das jedenfalls geht aus einem am Montag veröffentlichten Bericht der Entwicklungsorganisation Oxfam hervor. Demnach hat seit Beginn der Corona-Pandemie das reichste Prozent der Weltbevölkerung rund zwei Drittel des weltweiten Vermögenszuwachses kassiert. Gleichzeitig leben 1,7 Milliarden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Ländern, in denen die Lohnentwicklung die Inflation nicht ausgleicht. 828 Millionen Menschen, also circa jeder Zehnte, hungert. Laut dem Bericht haben erstmals seit 25 Jahren extremer Reichtum und extreme Armut gleichzeitig zugenommen.

Vom Vermögenszuwachs, der 2020 und 2021 in Deutschland erwirtschaftet wurde, entfielen demnach 81 Prozent auf das reichste Prozent der Bevölkerung. Die restlichen 99 Prozent der Bevölkerung hätten lediglich 19 Prozent des Vermögenszuwachses erhalten.

Die einkommensschwächsten Länder weltweit geben laut Bericht viermal mehr für die Rückzahlung von Schulden aus als für die Gesundheitsversorgung. Drei Viertel der Regierungen weltweit würden zudem planen, ihre Ausgaben im öffentlichen Sektor, etwa im Bildungs- und Gesundheitswesen, zu kürzen – um insgesamt 7,8 Billionen US-Dollar in den nächsten fünf Jahren.

Währenddessen haben Milliardäre weltweit ihren Reichtum in den Jahren der Pandemie- und Lebenshaltungskostenkrise deutlich gesteigert – im Durchschnitt um täglich 2,7 Milliarden US-Dollar. Der Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass der Anstieg auch durch höhere Gewinne im Lebensmittel- und Energiebereich zustande kam. So hätten Lebensmittel- und Energiekonzerne ihre Gewinne im Jahr 2022 mehr als verdoppelt. Sie erzielten 306 Milliarden US-Dollar an Übergewinnen und schütteten 257 Milliarden US-Dollar davon an Aktionärinnen und Aktionäre aus.

»Während Millionen Menschen nicht wissen, wie sie Lebensmittel und Energie bezahlen sollen, bringen die Krisen unserer Zeit gigantische Vermögenszuwächse für Milliardärinnen und Milliardäre«, kommentiert Manuel Schmitt von Oxfam Deutschland. »Jahrzehntelange Steuersenkungen für die Reichsten und Unternehmen auf Kosten der Allgemeinheit haben die Ungleichheit verschärft«, so Schmitt. In vielen Ländern würden die Ärmsten höhere Steuersätze zahlen als die Milliardärinnen und Milliardäre.

Von der Bundesregierung fordert Oxfam eine systematische und weitreichende Besteuerung von Krisengewinnen und eine höhere Besteuerung reicher Menschen, um mit den Einnahmen Armut und Ungleichheit weltweit zu bekämpfen. Das Geld solle in Bildung, Gesundheit und die sozialen Sicherungssysteme investiert werden.

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