Immer noch zu viel EU?

Nordirlands Unionisten sehen Deal mit Brüssel skeptisch

  • Dieter Reinisch
  • Lesedauer: 3 Min.

Die nordirische Democratic Unionist Party (DUP) will sich nicht drängen lassen, bevor sie ihre Haltung bekanntgibt. »Wir werden uns Zeit lassen und besprechen«, betonte der Parteivorsitzende Jeffrey Donaldson am Dienstag, als der britische Premierminister Rishi Sunak in Belfast war, um die Unionisten von seinem neuen Deal mit der EU zu überzeugen.

Das Windsor-Rahmenprogramm löst das ungeliebte Nordirland-Protokoll ab. Die Warenkontrollen innerhalb der Irischen See sollen weitgehend entfallen und administrativer Aufwand für den Handel zwischen der irischen Insel und Großbritannien soll verringert werden. Dies sei ein »Wendepunkt« in den Beziehungen mit der EU, versprach Sunak bei der Vorstellung auf der Pressekonferenz mit Ursula van der Leyen am Montag in London.

Die Änderungen sind sehr weitgehend und überraschen sogar einige der harten Brexiteers in den konservativen Reihen. Der ehemalige Vorsitzende der EU-feindlichen European Research Group (ERG), Steve Baker, zeigte sich zufrieden und deutete in einer ersten Reaktion an, dem Abkommen zuzustimmen. Wie viele andere ERG-Mitglieder dem folgen werden, ist ungewiss. Die Fraktion wartete zunächst ein Rechtsgutachten ihrer Anwälte ab und wollte sich am Dienstagabend dazu treffen. Während einige ERG-Abgeordnete bereit sein dürften, den Deal mit Brüssel zu unterstützen, werden andere dem folgen, was die DUP vorgibt.

Labour unterstützt Sunak

Falls einzelne Tories gegen Sunak rebellieren, werden sie das Gesetz nicht aufhalten können. Keir Starmer und seine sozialdemokratische Labour Party unterstützen die Vereinbarung und werden Sunak die nötigen Stimmen im Unterhaus bringen. »Wenn der Premierminister diesen Deal für eine Abstimmung vorantreibt, wird Labour dafür stimmen«, erklärte Starmer.

Die DUP boykottiert bereits seit einem Jahr die Regierungsarbeit im nordirischen Regionalparlament Stormont – offiziell aufgrund des Nordirland-Protokolls. Die beiden Parteichefs der irisch-nationalistischen Parteien, Michelle O’Neill (Sinn Féin) und Colum Eastwood (SDLP), zeigten sich erfreut über die Einigung und forderten die DUP auf, »an den Tisch zurückzukehren«. In den Augen von DUP-Chef Donaldson wurden zwar »wichtige Fortschritte« in vielen Bereichen erreicht, »aber EU-Gesetzgebung bleibt in unserem Teil des Vereinigten Königreichs bestehen«. Er wolle daher mit der Regierung »in Kontakt bleiben und Klarheit schaffen«.

EU-Recht nicht außen vor

Der Gerichtshof der Europäischen Union bleibt für Streitigkeiten über Nordirland zuständig – das war eine der Hauptbedingungen der EU. Dies stößt ERG und DUP auf. Der konservative »Daily Telegraph« schreibt: »Der EU-Gerichtshof ist nicht irgendein altes Gericht. Es ist der ultimative Wächter des EU-Rechts.« Die Zeitung beklagt, dass »sein bösartiger Einfluss nicht aus Nordirland verbannt wurde«.

Sunaks Köder für die Unionisten: Jede Änderung des Windsor-Abkommens kann vom nordirischen Lokalparlament per Veto blockiert werden. Gleichzeitig gab der britische Premier aber die Gesetzgebung aus der Johnson-Ära auf, wonach London einseitig Brexit-Regelungen außer Kraft setzen kann.

Ob das Vetorecht reicht, damit die DUP nach Stormont zurückkehrt, ist fraglich. Die Partei ist in der Frage gespalten. So erklärte der DUP-Abgeordnete Ian Paisley der BBC, sein »Bauchgefühl« sage ihm, das Abkommen gehe weit genug. Sein Parteikollege Sammy Wilson besteht darauf, dass in Nordirland überhaupt kein EU-Gesetz gelten soll.

Als nächstes will die DUP ihre Partner konsultieren, darunter das Loyalist Community Council, das Paramilitärs vertritt. Es will verhindern, dass die DUP dem Abkommen zustimmt und nach Stormont zurückkehrt. Denn das würde bedeuten, dass mit Michelle O’Neill erstmals eine Katholikin nordirische Regierungschefin wird.

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