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Gefährlicher Cocktail: Investoren weichen auf Schattenbanken

Investoren weichen von regulierten Banken in den grauen Markt der Schattenbanken aus

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 4 Min.

In jüngster Zeit häufen sich wieder Versuche von Hedgefonds, Einfluss auf die Vorstände von deutschen Unternehmen zu nehmen. Prominentestes Beispiel ist Bayer. Die Investoren machen sich für eine Aufspaltung in einen Pharma- und einen Agrarkonzern stark. Wohin das führen kann, hat der tiefe Fall des Baukonzerns Bilfinger beispielhaft gezeigt. Im Jahr 2014 hatte der ehemalige hessische Ministerpräsident Roland Koch im Streit mit dem Großaktionär, einer »aktivistischen« Investmentgesellschaft, den Chefposten aufgegeben. Daraufhin verkaufte Bilfinger auf Druck des Großaktionärs lukrative Sparten und schüttete den Verkaufserlös weitgehend an die Aktionäre aus. Bilfinger ist seither nur noch ein Schatten seiner selbst.

Solche Fälle sind es, die nicht allein Kapitalismuskritiker umtreiben. Die sogenannten Schattenbanken bereiten auch der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) Sorgen. In ihrem in dieser Woche veröffentlichten Quartalsbericht rechnet die BIZ auch Versicherer, die beispielsweise Milliarden Euro in Infrastrukturprojekte investieren, zu den sogenannten »Non-Banks«. Das Problem aus Sicht der internationalen Zentralbank-Organisation mit Sitz in Basel liegt in der Regulierung. Während Banken und ihr Kreditgeschäft vergleichsweise hart reguliert sind, gilt dies für Hedgefonds, Crowdfunding-Firmen, Geldmarktfonds, Vermögensverwalter oder private Kreditfonds nur bedingt und für Versicherer in anderer Form. Die BIZ-Volkswirte sehen die Gefahr, dass Investoren die regulierten Banken meiden und in den weniger regulierten Schattenbereich ausweichen, um risikoreichere Entscheidungen zu treffen, die letztlich das Finanzsystem gefährden.

Als Schattenbank (engl. Non-Bank) werden Akteure auf Finanzmärkten bezeichnet, die bankähnliche Funktionen wahrnehmen, aber nicht der gesetzlichen Definition einer Bank entsprechen und somit auch nicht der Regulierung für Kreditinstitute unterliegen. »Der ungewollte Anreiz, Finanzgeschäfte verstärkt in den Schattenbankensektor zu verlagern, wächst mit zunehmender Regulierung des traditionellen Bankensektors«, weist auch Andrea Rapp von der Universität des Saarlandes im Gabler-Lexikon auf ein Dilemma hin. In dem grauen Finanzsystem außerhalb des Bankwesens werde in großem Umfang »unregulierte Kreditintermediation« betrieben, also faktisch Bankgeschäfte. Aufgrund der bereits im Zuge der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise deutlich gewordenen systemischen Risiken, die vom Schattenbanken-Sektor ausgehen, wird eine wirksame Regulierung sowohl auf europäischer als auch auf internationaler Ebene bereits seit langem diskutiert.

Dabei können Schattenbanken durchaus nützlich sein. Zumindest zeigt sich die Europäische Zentralbank (EZB) davon in einer Studie überzeugt. Grundsätzlich könne es in Krisenzeiten von Vorteil sein, dass Unternehmen nicht mehr so stark auf Bankkredite angewiesen sind. »Wenn Banken in Schwierigkeiten geraten, schränken sie möglicherweise ihre Kreditvergabe ein.« Unternehmen, die Finanzmittel benötigen, wären dann die Leidtragenden. Da könne es durchaus hilfreich sein, wenn andere Finanzierungsquellen verfügbar sind.

Aktuell gelten die Banken als gut aufgestellt. Die europäischen Institute haben im vergangenen Jahr das Volumen ihrer notleidenden Kredite auf 349 Milliarden Euro abermals verringern können. Doch solche Erfolge gehen auf eine trotz Niedrigzinsen jahrelang günstige Geschäftsentwicklung und besonnene Bankvorstände zurück. Die Regulierung selber zeigt weiterhin Schwachstellen.

2010 hatte sich das globale Gremium für die Bankenregulierung, der sogenannte Baseler Ausschuss bei der BIZ, unter dem Eindruck der internationalen Finanzkrise auf neue globale Standards geeinigt, die als Basel III bezeichnet wurden. Damit sollten strengere Kapitalauflagen durchgesetzt werden, um Banken krisenfest zu machen. Ursprünglich vorgesehen war ein Anstieg des Eigenkapitals um rund 20 Prozentpunkte. Das ging auch nach Auffassung prominenter Bankenkritiker wie Rudolf Hickel in die richtige Richtung. Doch der weichgespülte Vorschlag der EU-Kommission führte dann nur zu einem Anstieg um knapp vier Prozentpunkte bis 2030, bis 2033 sind es dann sieben Prozentpunkte. »Von der Verwässerung profitieren vor allem große und deutsche Banken«, zeigt sich der Verein Finanzwende überzeugt. In wenigen Monaten will die EU ihre sogenannten Basel-III-Regeln einführen.

Doch selbst in dieser verwässerten Form bietet Basel III einen Anreiz für Investoren, in Schattenbanken auszuweichen, die keinen entsprechenden Eigenkapitalregeln unterliegen. BIZ-Chefökonom Claudio Borio warnte online gegenüber Journalisten die Finanzmarktakteure vor leichtfertiger Ausgelassenheit. In einem Artikel im neuen Quartalsbericht weisen Borio und seine Mitautoren auf hohe Staatsschulen und die hohe Verschuldung von Unternehmen und privaten Haushalten hin. Diese träfen nun auf die »geldpolitische Straffung« der Zentralbanken, gemeint sind die kräftigen Leitzinserhöhungen. Hohe Zinssätze und hohe Schulden bilden in ohnehin schwierigen Zeiten einen gefährlichen Cocktail.

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