Hat das Wochenende bald drei Tage?

Warum die Forderung der IG Metall in NRW nach einer Vier-Tage-Woche richtig ist

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 2 Min.

Der IG-Metall-Verhandlungsführer in Nordrhein-Westfalen, Knut Giesler, will für die Stahlbranche eine Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich durchsetzen. Das klingt erstmal revolutionär. Man kann also gespannt sein, wie die Arbeitgeber reagieren, wenn die Forderung bei den Ende des Jahres anstehenden Tarifrunden tatsächlich auf den Tisch kommt. Doch ganz so radikal ist das Ansinnen bei genauerer Betrachtung nicht.

Die IG Metall will nämlich die Wochenarbeitszeit nur von 35 auf 32 Stunden reduzieren. Dadurch würde dann zwar nur noch an vier statt fünf Tagen gearbeitet, dafür an den Tagen aber länger. Rein rechnerisch bedeutet die Idee auch nur eine Arbeitszeitreduzierung um knapp 8,6 Prozent. Münzt man dies auf eine Lohnforderung um, dann ist diese also kaum höher als das, was die IG Metall zuletzt für die Metall- und Elektrobranche forderte.

Gleichzeitig passt die Idee in eine Zeit, in der womöglich bald individuelle Arbeitszeiten reduziert werden müssen, damit Arbeitsplätze erhalten werden können. Schließlich befindet sich nicht nur die Stahlindustrie in einer Transformation, in der die Arbeit bald knapper werden könnte. Ähnliches wird zum Beispiel auch für die Automobilbranche befürchtet. Die Vier-Tage-Woche könnte also bald zu einer Forderung werden, mit der die IG Metall also auch in anderen Branchen hausieren geht.

Schließlich fragen sich immer mehr Menschen, ob sich mehr Reichtum nur in immer mehr materiellem Wohlstand bemisst oder auch in mehr Zeit, die man für Familie, Freunde und Hobbys zur Verfügung hat. Dabei ist der Wunsch nach Arbeitszeitverkürzung aber nicht neu. Er war immer schon Gegenstand von Arbeitskämpfen. Erwähnt sei da nur die DGB-Kampagne in den 1950er Jahren für eine Fünf-Tage-Woche unter dem Motto »Samstags gehört Vati mir«.

Vielleicht heißt es also bald »Freitags gehört Vati mir«. Es bleibt also nur die Frage, ob die Arbeitgeber dabei mitmachen und das Wochenende bald nur noch drei Tage hat. Wünschenswert wäre es auf jeden Fall.

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