Trauzeugenaffäre zieht Kreise

Postenvergabe an einen Freund: Staatssekretär und Minister Habeck räumen Fehler ein

  • Lesedauer: 2 Min.

Nach der seit vergangener Woche in der Öffentlichkeit kritisierten Bestellung von Michael Schäfer zum Geschäftsführer der Deutschen Energie-Agentur (Dena) wird ein neues Verfahren zur Besetzung des Postens immer wahrscheinlicher. Der Vorsitzende des Dena-Aufsichtsrates und Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium Stefan Wenzel (Grüne) geht nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur vom Mittwoch davon aus, dass das Gremium einen neuen Auswahlprozess starten wird.

Einer der wichtigsten Mitarbeiter von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), Staatssekretär Patrick Graichen, hatte diesen laut Ministerium zu Wochenbeginn darüber informiert, dass der designierte Dena-Geschäftsführer sein langjähriger Freund ist und bei seiner Hochzeit sein Trauzeuge war. Graichen war Mitglied einer Findungskommission, die Schäfer für den Posten vorgeschlagen hatte. Sowohl Habeck als auch Graichen sprechen inzwischen von einem »Fehler«.

Vor einer Woche hatte das Ministerium zu dem Vorgang mitgeteilt, es seien »rein rechtlich keine Fehler im Verfahren aufgetreten«. Aufgrund eines Fehlers im Vorauswahlprozess könne aber »der Anschein einer möglichen Befangenheit entstanden sein«. Dena-Aufsichtsratschef Wenzel habe deshalb eine »mögliche Neuaufsetzung« des Auswahlverfahrens empfohlen. Die Entscheidung darüber liegt beim Aufsichtsrat, auch die Gesellschafterversammlung muss zustimmen. Schäfer sollte sein Amt am 15. Juni antreten.

In den vergangenen Tagen und Wochen hatten insbesondere Vertreter der CDU den Vorgang und die Personalpolitik Habecks heftig kritisiert. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Jürgen Trittin sprach mit Blick darauf und auf Medienberichte am Mittwoch im Deutschlandfunk von einer »gezielten Kampagne«, die von den Unionsparteien »befeuert« werde.

Am Montag hatte CDU-Generalsekretär Mario Czaja Graichens Entlassung gefordert und heftig gegen Habeck ausgeteilt. Der Minister habe in seinem Apparat ein »Küchenkabinett« aufgebaut und 18 Referatsleiterposten ohne Ausschreibung besetzt, sagte Czaja dem Sender Welt-TV. Habecks Umfeld sei »ein kleiner Familienclan, wo alle miteinander verwandt oder verschwägert sind«. Die Folge sei »der ganze Mist«, den er bei der Gaspreisbremse, beim Heizungsgesetz oder in der Energiepolitik gebaut habe, so Czaja. Das Bundeswirtschaftsministerium erklärte dazu, der Vorwurf zur Vergabe von Referatsleiterpositionen sei falsch, was auch aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage hervorgehe, die der CDU-Fraktion vorliege. Seit Dezember 2021 seien solche Posten in neun Fällen ohne vorherige Ausschreibung besetzt worden, weil die Wahrnehmung der entsprechenden Funktionen ein »besonderes Vertrauensverhältnis zum Minister« erfordere. Darüber hinaus seien weitere Posten durch »statusgleiche Umsetzung« besetzt worden, wobei ebenfalls keine Ausschreibung nötig sei.

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