Kein schlagendes Argument

Der Traum von einem humanen Strafvollzug

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 2 Min.

Man sollte sich nichts vormachen: Dass Strafgefangene in Brandenburg wissen, dass Justizvollzugsbedienstete in martialischer Kampfmontur mit Helm und Schlagstock ihre Zelle stürmen könnten, wird ihnen wahrscheinlich nicht so viel Angst einjagen. Sie werden sich davon nicht so leicht von Schlägereien und Aufruhr abschrecken lassen.

Deshalb dürfte jede Form von Deeskalation klüger sein. Zumal die Strafgefangenen natürlich auch wissen: Solange sich die Justizvollzugsbediensteten in den speziellen Einsatzgruppen an Recht und Gesetz halten, dürfen sie einen unbotmäßigen und selbst einen wüst randalierenden Gefangenen nicht kurzentschlossen zusammenschlagen. Sie dürfen ihn lediglich unter Einsatz strikt verhältnismäßiger Zwangsmaßnahmen ruhigstellen.

Jemand, der unter Drogen steht, denkt nicht an Konsequenzen seines Handelns. Jemand, der im Knast sitzt, weil er Menschen halbtot geprügelt oder sogar getötet hat, auf den macht ein Schlagstock vermutlich keinen so großen Eindruck. Ihm ist möglicherweise schon alles egal. Und für den Rechtsstaat ist es keine Option, Gleiches mit Gleichem zu vergelten.

Dass harte Strafen gewalttätige Menschen weniger aggressiv machen, ist ein Irrglaube. Das beweisen einerseits die Todesstrafe in den USA und andererseits der außerordentlich humane Umgang mit Mördern in Norwegen. Kriminalität lässt sich wohl selbst in einer fast idealen Gesellschaft niemals ganz ausmerzen. Sie hat aber soziale Ursachen und sollte möglichst mit sozialen Maßnahmen bekämpft werden.

Selbstverständlich müssen das Personal und die Insassen der Gefängnisse vor Gewaltausbrüchen geschützt werden. Die Frage ist jedoch, wie sich Gewalt am besten eindämmen lässt. Das ist auch im Interesse der Gesellschaft. Denn irgendwann kommen die meisten Straftäter wieder frei.

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