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Straßen haben nicht die Priorität
Kurt Stenger über neue Zahlen zu den maroden Fernstraßen
Dass viele Verkehrswege in Deutschland sanierungsbedürftig sind, ist bekannt. Nun aber gibt es aktuelle Zahlen dazu, die tief blicken lassen: Fast 25 000 Kilometer Fahrbahn auf deutschen Fernstraßen haben Schäden, wie das Bundesverkehrsministerium auf eine Anfrage der Linken mitteilte. Allein auf Bundesstraßen waren zuletzt 33 Prozent der Fahrstreifen-Kilometer reparaturbedürftig.
Das Ganze ist eine Bilanz des staatlichen Versagens, aber keine unmittelbare Handlungsanweisung. Den Schluss daraus zu ziehen, dass jetzt Bundesstraßen und Autobahnen vorrangig saniert werden müssten, wäre verfehlt. Baukapazitäten wie auch Finanzmittel sind nun mal begrenzt, daher braucht es eine Gesamtschau der Aufgaben. Zwar sind im Infrastruktur-Sondervermögen große Summen vorgesehen, doch diese reichen bei Weitem nicht aus, um alle Bereiche, bei denen in den neoliberalen Kürzungsjahren die Sanierung weitgehend auf der Strecke geblieben ist, gleichermaßen zu bedienen. Man denke an das Schienennetz, an Schulen und Kitas, an Brücken. Neu hinzu kommen außerdem Aufgaben bei Klimaschutz und Klimaanpassung, die auch eine massive Veränderung der öffentlichen Infrastruktur nach sich ziehen müssen.
Klar ist: Die bisher vorgesehenen Investitionen reichen vorn und hinten nicht. Das Straßennetz darf daher nur an den Stellen vorrangig saniert werden, wenn Gefahr im Verzuge ist. Ansonsten sollte Vorrang haben, eine Überlastung durch Verlagerung auf umweltverträglichere Verkehrsmittel zu vermeiden. Neubaupläne gehören ohnehin eingemottet. Natürlich ist der vielerorts schlechte Zustand ein Ärgernis – aber es gibt eben noch drängendere Aufgaben mit deutlich mehr Zukunftspotenzial. Die Sanierung von Autostraßen hat mit Blick auf die marode Infrastruktur nicht die oberste Priorität.
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