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Razzien gegen Schleusernetz
Bundespolizei ermittelt mit Europol sowie Polizei aus Rumänien und Serbien
Koordiniert von Europol sind Ermittler aus Deutschland, Rumänien und Serbien gegen ein mutmaßliches Schleusernetz vorgegangen, das mehr als 560 Menschen auf der sogenannten Balkanroute von der Türkei nach Deutschland gebracht haben soll. Dabei wurden vier Räumlichkeiten in Deutschland und elf in Rumänien durchsucht.
Vier Personen wurden laut Europol unter dem Vorwurf der organisierten Kriminalität verhaftet, die Bundespolizeizentrale in Potsdam spricht von sechs Personen. Eine der Festnahmen erfolgte in Deutschland, die Staatsanwaltschaft Landshut hat hierfür vorab einen Haftbefehl erlassen. Die rund 200 beteiligten Polizisten hätten unter anderem drei teure Autos sowie Bargeld und diverse Speichermedien beschlagnahmt.
Dem Netzwerk wird neben den Schleusungen nach Deutschland auch der Transport von mehr als 300 Menschen aus der Türkei nach Rumänien vorgeworfen. Eine »lokale Zelle« soll die Menschen in überfüllten Unterkünften versteckt und dann in der Stadt Timisora gesammelt haben, um diese schließlich in Gruppen weiter nach Deutschland zu bringen. Die Schleusungen seien »unter menschenunwürdigen Bedingungen« mit Lastwagen erfolgt.
Für die Reise von der Türkei nach Deutschland hätten die Verdächtigen bis zu 10 000 Euro kassiert, für die Teilstrecke von Rumänien nach Deutschland bis zu 5000, schreibt Europol. Das Netzwerk habe dieses System eingerichtet, »um die Logistik zu optimieren und die kriminellen Gewinne zu maximieren«. Dabei hätten die Mitglieder laut Europol »Vorläuferfahrzeuge« eingesetzt, die vor den Lastwagen fuhren, um mögliche Polizeikontrollen auszuspähen. Auf der letzten Etappe der Schmuggelroute nach Deutschland hätten sich die Geschleusten unter extrem gefährlichen Bedingungen befunden, da die Ladefläche nicht belüftet gewesen sei. In einigen Fällen hätten sich die Menschen mehrere Tage hintereinander in der Ladung verstecken müssen.
Die Ermittlungen begannen, nachdem die Bundespolizei mehrere irregulär eingereiste türkische und syrische Staatsangehörige an der Grenze zu Österreich, Tschechien und Polen aufgegriffen und dem Netzwerk zugeordnet hat. Daran beteiligt war auch das Polizeizentrum SELEC in Bukarest, in dem sich nach Vorbild Europols die Kriminalpolizeien der Balkanstaaten zusammenschließen. Über dieses Zentrum haben auch Behörden aus Ländern wie Österreich und der Türkei bei der Zerschlagung des Netzwerks geholfen.
Die Verdächtigen sollen bis dahin 68 einzelne Schleusungen durchgeführt haben, so die Bundespolizei Potsdam. In Serbien soll bereits im Juli 2022 ein Verdächtiger des Netzwerks festgenommen worden sein.
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