Eine Nervensache

Heinz Rudolf Kunze hadert mit ­seinem einzigen Hit

Der Popsänger Heinz Rudolf Kunze singt seinen Hit »Dein ist mein ganzes Herz« nicht mehr gern, hat er gegenüber der »Neuen Osnabrücker Zeitung« bekannt. Trotzdem singt er ihn noch: »Die Leute wollen das hören, und wir sind für die Leute da. Und sie haben ein Recht darauf. Ich wäre ja ein Schuft, wenn ich ihnen den Song vorenthalten würde.«

Was soll er auch tun? Es ist ja sein einziger Hit: 1985 Platz 8 in der BRD. Kunze war damals mit Lederjacke und E-Gitarre im Fernsehen zu sehen, beim Versuch eines Imagetransfers vom Liedermacher zum Rockmusiker. So wie sich auch Peter Maffay Ende der 70er Jahre eine Lederjacke angezogen hatte, um seiner Schlagerwelt zu verkünden, er sei nun Rock’n’Roller und gehöre nicht mehr dazu. Auch wenn bei ihm nur das »R« rollte.

Anders als dieser Superstar aber blieb Kunze unbehaust. Seit seinen Anfängen ringt er um Originalität und Anerkennung, als er als singender Gymnasiallehrer, der gerne Randy Newman wäre, gestartet war. Im »Musik-Express« urteilte damals Wolfgang Welt: »Kunze ist ein durch seine (Ver)Bildung versauter Eigenbrötler.«

Später verließ er die SPD aus Protest gegen die Rechtschreibreform. Legendär sein Lied »Romanze« auf seinem ersten Album »Reine Nervensache«, als er davon sang, wie er sich selbst auf der Straße anspricht, mit sich nach Hause nachgeht »und schließlich schlafe ich mit mir«.

Bis heute ist unklar, was ihm peinlich ist. Mitte der 90er verlangte er eine 40-Prozent-Quote im Radio für deutsche Musik gegen »ausländischen Schund«, 2007 griff er beim »perfekten Promi Dinner« zum Selbstgekochten seiner Frau zur Gitarre und 2016 diskutierte er in Buchform mit Kurzzeit-Staatschef Egon Krenz die Weitläufigkeit deutscher Geschichte.

In der »Neuen Osnabrücker Zeitung« meinte er nun, dass Boris Pistorius das Zeug zum Kanzler hätte, denn »Olaf Scholz ist einfach zu wenig wahrnehmbar«. So etwas hasst Kunze.

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