Ein besseres Berlin durch die Special Olympics

Fans und Athleten der inklusiven Weltspiele beleben die sommerträge Hauptstadt

  • Noah Kohn
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein junger Mann mit langen Haaren und abgelaufenen Sandalen steigt schlecht gelaunt am Ostbahnhof in die überfüllte S-Bahn Richtung Spandau. Er trägt eine Akustikgitarre über dem nass geschwitzten Unterhemd und fängt an zu spielen und zu singen. Schnell atmen die Fahrgäste auf: Der Straßenmusiker spielt weder »Wonderwall« noch »Bella ciao«, wie die geübten Vielfahrer es täglich auf Berlins beliebtester Kleinkunstbühne zu hören bekommen – er hat ein selbst geschriebenes Lied mitgebracht, immerhin. Während die erleichterten Einheimischen sich gleich wieder über ihre Handys beugen, um wichtige E-Mails, Tinder-Matches und Memes abzuchecken, fängt eine Gruppe spanischer Teenagerinnen an zur Musik zu tanzen. Den Songwriter freut’s, er lächelt.

Der mürrische Alltag der Hauptstadt zeigt sich dieser Tage von einer anderen Seite: Er wirkt frischer, froher und friedlicher als sonst. Das mag am vielversprechenden Sommerbeginn liegen, hat aber sicher auch mit den Special Olympics World Games 2023 zu tun. Über 6500 Athletinnen und Athleten nehmen an der inklusiven Sportveranstaltung für Menschen mit geistiger Behinderung teil, die noch bis zum 25. Juni in Berlin stattfindet. An jeder Ecke der Innenstadt sind Fans präsent und versprühen gute Laune: Sie sind extra aus der Mongolei, Puerto Rico, Finnland, Ägypten und unzähligen weiteren Ländern angereist – insgesamt 176 Delegationen sind bei den Weltsommerspielen vertreten.

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Am Alexanderplatz beugen sich Andrea Pintus und Federica Pavetto über einen aufgefalteten Nahverkehrsplan. Noch bis Donnerstag bleibt das italienische Paar aus der Nähe von Turin in Berlin; an diesem Dienstagmorgen wollen sie sich das Brandenburger Tor anschauen, wissen aber noch nicht, wie sie dort hinkommen sollen. »In Berlin kann man überallhin mit der Bahn fahren«, sagt Pavetto. »Gestern waren wir in Grünau, um unseren Sohn anzufeuern.«

Alessandro Pintus ist erst 16 Jahre alt, trotzdem nimmt der Schwimmer schon an den Weltsommerspielen teil – und belegte dabei am Montag im Freiwasserschwimmen über 1500 Meter auf der Regattastrecke Grünau direkt den vierten Platz. »Heute hat er einen Ruhetag, aber morgen muss er ins Schwimmbad«, erzählt seine Mutter. In der Wettkampfschwimmhalle SSE im Bezirk Prenzlauer Berg tritt Alessandro Pintus auch in der 4-x-50-Meter-Lagenstaffel und im 800-Meter-Freestyle-Rennen an.

Neben der Grünauer Regattastrecke und der SSE gibt es weitere Orte in Berlin, an denen die inklusiven Weltsommerspiele stattfinden. Zum Beispiel am Neptunbrunnen, im Olympiapark, im »Beach Mitte« am Nordbahnhof oder am Messegelände. Zu den Wettbewerben gehören Basketball, Leichtathletik, Tischtennis, Volleyball, Fußball und einige weitere Sportarten – 26 sind es insgesamt. An den Sportstätten finden sich zudem verschiedene inklusive Kulturpunkte – schon viele Menschen haben diese in den letzten Tagen besucht.

So wie Iris Spranger (SPD), die am Dienstag mit dem Senat einen Wettbewerb der Rhythmischen Sportgymnastik auf dem Messegelände besuchte. »Wir haben geschaut, dass wir wirklich günstige Tickets anbieten. Außerdem sind viele Wettbewerbe kostenfrei anzuschauen«, sagte die Sportsenatorin auf der anschließenden Senatspressekonferenz, die nicht wie sonst im Roten Rathaus, sondern im City Cube auf dem Messegelände stattfand.

Tickets gibt es mit Ermäßigung ab 23 Euro zu kaufen, der Standardpreis beträgt 31 Euro. Wer guten Sport und freundliche Menschen sehen will, geht zu den inklusiven Weltsommerspielen in Berlin.

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