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Israels Premier macht PR zur Ablenkung
Mit einem halben Rückzieher beim umstrittenen Gesetzentwurf zum Justizumbau kann Benjamin Netanjahu andere Probleme übergehen
Nein, Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu ist nicht eingeknickt beim Versuch, das Oberste Gericht an die Kette zu legen. Er streicht lediglich den umstrittensten Teil des euphemistischerweise »Reform« genannten Gesetzentwurfs, mit dem er die Justiz schwächen will: Demnach hätte das Parlament Entscheidungen des Obersten Gerichts mit Mehrheitsbeschluss aushebeln können. Weiterhin will Netanjahu das Verfahren zur Ernennung der Richter ändern, mutmaßlich um der Regierung hier mehr Macht einzuräumen. Auf diese Weise hätte sie indirekt Einfluss auf Gerichtsentscheidungen. Details dazu ließ Netanjahu offen.
Es ist kein Zufall, dass Netanjahu seinen halben Rückzieher über das »Wall Street Journal« verkündet. Er wendet sich damit ans Ausland, insbesondere an die US-amerikanische Öffentlichkeit, um Kompromissbereitschaft zu demonstrieren. Das politische Klima zwischen Washington und Jerusalem ist merklich abgekühlt. Noch immer wartet Netanjahu auf eine Einladung von US-Präsident Joe Biden. Nebeneffekt dieser PR-Taktik ist, vom schwersten Unrecht abzulenken: die seit 1967 andauernde und mit Gewalt durchgesetzte Besatzung des Westjordanlands.
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