Super Fast Fashion: Neue Mode in Lichtgeschwindigkeit

Die toxischen Produktionszyklen von Fast Fashion werden von einem neuen Trend abgehängt: Ultra Fast Fashion

  • Julia Belzig
  • Lesedauer: 3 Min.

Es ist eine atemberaubende Entwicklung in der Modebranche: In der heutigen Zeit sind die Produktionszyklen von Kleidungsstücken der früher gültigen Sommer/Winter-Kollektionen einem Zweiwochenrhythmus gewichen. »Fast Fashion« – schnelle Mode – führt dazu, dass ständig neue Kollektionen in die Schaufenster gehievt werden. Die Anfänge des Trends zur schnellen Mode liegen in den Achtzigern, als viele Branchen auf die Quick-Response-Strategie setzten mit dem Ziel, in ihrer Produktion möglichst schnell auf Marktentwicklung und Trends zu reagieren. Das Credo lautet unverblümt: Quantität statt Qualität.

Doch auch das kann gesteigert werden: mit Ultra Fast Fashion oder auch Super Fast Fashion. Im Wettrennen um die Trends haben Internetmarken wie Shein, Boohoo oder Asos ihre Konkurrenz abgehängt und produzieren mittlerweile trendige Billigklamotten in Echtzeit. Der umstrittene chinesische Onlineshop Shein beispielsweise stellt laut Greenpeace täglich zwischen 6000 und 9000 Artikel täglich online. Da gibt es Männerschuhe für sieben Euro zu kaufen, ein Shirt für vier, ein Hochzeitskleid für acht Euro.

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Dieses System funktioniert nur durch die akribische Überwachung von Trendentwicklung und des Verhaltens der Nutzer*innen. Ultra-Fast-Fashion-Marken stützen sich auch auf künstliche Intelligenz wie Bilderkennungsalgorithmen, die darauf trainiert sind, auf den sozialen Medien gepostete Fotos von Klamotten auszuwerten und dabei Trends herauszufiltern.

In High Speed kommen die Klamotten dann auf den Markt. Zwei bis vier Wochen beträgt der Ultrafast-Produktionszyklus von reinen Online-Anbietern, vom Design bis zum fertigen Teil, belegt eine Studie von Coresight Research, einem US-Datenanbieter, der laut eigener Aussage »dem Einzelhandel dabei hilft, Innovationen und Wachstum zu beschleunigen«. Bei einstigen Fast-Fashion-Pionieren wie Zara, H&M oder Primark beträgt die Dauer noch fünf bis sechs Wochen. Traditionelle Retailer, also Einzelhändler, hingegen brauchen sechs bis neun Monate.

Auch die Feedbackschleifen wurden beschleunigt: Einige Marken produzieren ähnliche Kleidungsstücke in variierenden Designs. Je nach Klick- und Kaufverhalten wird entschieden, welches Produkt in größerem Umfang hergestellt wird. Der Vorteil: Die Produktion wird damit viel genauer an den Geschmack der Kund*innen angepasst. Und auch die Lieferketten sind kürzer und schneller: Im Gegensatz zu Fast-Fashion-Firmen wie Zara und H&M haben die Ultras keine Läden. Anstatt die hohen Kosten für stationäre Läden aufzubringen, investieren viele Onlinevertreiber in aggressives Marketing. So wird personalisierte Werbung gezielt an Mädchen und Frauen zwischen 16 bis 30 Jahren auf den sozialen Medien ausgespielt.

Ein Vorteil der in der Ultra Fast Fashion benutzten Technologie könnte sein, dass Menschen genau das angeboten wird, was sie auch kaufen wollen. Ob das aber etwas am Überkonsum der westlichen Welt ändert, bleibt fraglich. Der Nachteil: Die niedrigen Preise, billige Herstellung und niedrige Qualität führen nach wie vor zu einer hohen Wegwerfrate. Und belastet Mensch und Umwelt. Hoher Ressourcenverbrauch, Umweltverschmutzung durch Chemikalien, schlechte Arbeitsbedingungen und intransparente Lieferketten sind bekannte Probleme in der Modeindustrie. Ob Ultra, Fast oder einfach nur Fashion es gilt die Faustregel: Ein Kleidungsstück ist nachhaltig, wenn es mindestens 30 Mal getragen wird.

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