Aktionstag gegen Neokolonialismus

In mehreren bundesdeutschen Städten wird an Folgen kolonialer Unterdrückung erinnert

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 3 Min.
Dass Christoph Kolumbus nicht nur Entdecker und Held der Meere war, sondern auch Wegbereiter des brutalen europäischen Kolonialismus, wird von den Staaten noch immer kaum reflektiert. Dies kritisieren linke und antirassistische Gruppen vehement, unter anderem im Rahmen eines globalen Aktionstags am 12. Oktober, dem Datum, an dem Kolumbus 1492 erstmals amerikanisches Territorium betrat - im Bild die Kolumbus-Statue in Barcelona.
Dass Christoph Kolumbus nicht nur Entdecker und Held der Meere war, sondern auch Wegbereiter des brutalen europäischen Kolonialismus, wird von den Staaten noch immer kaum reflektiert. Dies kritisieren linke und antirassistische Gruppen vehement, unter anderem im Rahmen eines globalen Aktionstags am 12. Oktober, dem Datum, an dem Kolumbus 1492 erstmals amerikanisches Territorium betrat - im Bild die Kolumbus-Statue in Barcelona.

In Spanien ist der 12. Oktober noch immer ein Feiertag. Dabei markiert das Datum den Beginn eines brutalen weißen Kolonialismus auf allen Kontinenten. Denn am 12. Oktober 1492 betraten der Italiener Christoforo Colombo alias Christoph Kolumbus und die Crew seines Schiffes eine Insel, die sie »Hispaniola« nannten. Sie ist eine der Großen Antillen und gehört zu Amerika, dem Kontinent, als dessen Entdecker Kolumbus gilt.

Indigene Kollektive und antikoloniale Gruppen in aller Welt erinnern am 12. Oktober daran, dass dieser Tag den Beginn des globalen Eroberungs- und Mordfeldzugs vornehmlich von Europäern markiert. Er bedeutete für Millionen Menschen Tod, Folter und brutale Enteignung, vielfach die Auslöschung der eigenen Identität durch das Verbot, die eigene Sprache zu sprechen und etwas über die eigene Herkunft zu lernen.

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Die Folgen sind in den betroffenen Ländern bis heute zu spüren, und bis heute verfügen ehemalige Kolonialmächte über großen informellen Einfluss und haben Zugriff auf die Bodenschätze der von ihnen einst unterjochten Länder. Auch in der Bundesrepublik wird es an diesem Donnerstag in mehreren Städten Aktionen und Demonstrationen anlässlich des »Globalen Aktionstags gegen (Neo-)Kolonialismus« geben, so auch in Berlin. Im Aufruf zu einer Demonstration, die um 16 Uhr am Auswärtigen Amt beginnen soll, heißt es: »Es gibt nichts zu feiern!« Das Humboldt-Forum, Zielort der Demonstration, sei ein »Symbol der neokolonialen Komplizenschaft Deutschlands«, schreiben die Kritiker*innen.

Moniert wird im Aufruf auch, dass sich die Deutsche Bahn am Projekt Tren Mayo in Mexiko finanziell beteiligt. Die dortige Regierung behauptet, der Eisenbahnlinienbau diene der infrastrukturellen und wirtschaftlichen Entwicklung abgelegener Regionen. Während ein Teil der Bewohner*innen das Projekt begrüßt, sind andere strikt dagegen und sprechen von einer Fortsetzung kolonialistischer Praktiken.

Revision von Geschichtsbildern gefordert

Proteste und Gedenkveranstaltungen für die Opfer des Kolonialismus sind auch in Hamburg, Hannover, Bremen und Münster geplant. In Hamburg wird es um 18 Uhr vor der Kolumbus-Statue in der Hafencity eine Kundgebung geben. In den vergangenen Jahren waren Denkmäler wie dieses in vielen Ländern immer wieder Gegenstand von Protesten. In manchen Städten wurden sie sogar gestürzt, mit Farbbeuteln beworfen oder auf andere Weise beschädigt oder verändert.

Auch in deutschen Städten gibt es seit langem Diskussionen darüber, wie mit diesen Zeugnissen des Kolonialismus umgegangen werden soll. In vielen Aufrufen zum Aktionstag wird auch auf Femizide, die gezielte Ermordung widerständiger Frauen, eingegangen. Auch die Klimakrise wird vielfach thematisiert, von der die Menschen im globalen Süden, die am wenigsten dazu beigetragen haben, am meisten betroffen sind.

Der uruguayische Autor Eduardo Galeano hatte in seinem 1971 veröffentlichten Bestseller »Die offenen Adern Lateinamerikas« detailliert beschrieben, dass der Raub der Reichtümer und Bodenschätze des Kontinents die Grundlage für den Aufstieg des Kapitalismus in Europa und dessen globale Ausbreitung gelegt hat. Doch es hat lange gedauert, bevor auch in Europa der kolonialistische Geschichtsmythos um Kolumbus hinterfragt und die vermeintliche Entdeckung Amerikas als Beginn des Kolonialismus in großem Stil markiert wurde.

Erste antikoloniale Ansätze im Umfeld der Kommunistischen Internationale (KI) in den 1920er Jahren wurden erst viel später von linken Gruppen wieder aufgegriffen. Rund um den 500. Jahrestag der Eroberung Amerikas fanden 1992 in vielen Ländern antikoloniale Proteste statt. Die dabei geäußerten Anklagen wurden von der Ende der 1990er Jahre entstandenen globalisierungskritischen Bewegung aufgegriffen.

Seit dieser Zeit gibt es im Rahmen eines globalen Aktionstags Proteste von antirassistischen und antikolonialen Gruppen. Eine wichtige Rolle dabei spielt die zapatistische Bewegung in Mexiko. Auch in diesem Jahr hat ihr Nationaler Kongress der Indigenen (CNI) zu globalen dezentralen Protesten am 12. Oktober aufgerufen. Die Losung des CNI lautet: »Stoppt den Krieg gegen die Pueblos Mexikos und der Welt«, also gegen Dörfer und Communitys indigener Bewegungen.

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