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Terrorverdacht in Duisburg

Angeblich proisraelische Veranstaltungen im Visier

Nach der vorläufigen Festnahme eines mutmaßlichen islamistischen Gefährders in Duisburg wegen möglicher Anschlagspläne hat die Generalstaatsanwaltschaft in Düsseldorf gegen den 29-jährigen Verdächtigen Ermittlungen eingeleitet. Damit betraut ist die Zentralstelle Terrorismusverfolgung in Nordrhein-Westfalen, wie die Generalstaatsanwaltschaft in einer Pressemitteilung am Mittwoch in der Landeshauptstadt erklärte. Die Vorführung des Beschuldigten vor dem Haftrichter werde geprüft.

Der Vorwurf gegen den Festgenommenen, den verschiedene Medien als Tarik S. bezeichnen, lautet »Verabredung zu einem Verbrechen«. Der Ermittlungsbehörde liegen nach eigener Aussage Erkenntnisse vor, dass der Mann »zu einer im Ausland ansässigen Person in strafrechtlich relevanter Weise in Kontakt gestanden haben könnte«. Es gebe aber keine Hinweise darauf, dass diese Verabredung mit einer Person geschehen sei, die sich in Deutschland aufhalte.

Spezialkräfte hatten den Mann am Dienstag in einer Wohnung im Duisburger Dellviertel in Gewahrsam genommen. Wie die »Westdeutsche Allgemeine Zeitung« erfahren haben will, war der Beschuldigte nicht der Mieter dieser Wohnung.

In den Polizeieinsatz war auch die gemeinsame Terrorabwehrzentrale des Bundes und der Länder involviert. Nach Angaben der Polizei Essen hatte es zuvor »Hinweise auf ein mögliches Anschlagsszenario« gegeben. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll sich der Beschuldigte im Internet darüber informiert haben, wie man mit einem Lastwagen in eine Versammlung fährt. Der WDR berichtet unter Berufung auf Sicherheitskreise, der Mann habe online auch gezielt nach proisraelischen Veranstaltungen und dschihadistischen Inhalten gesucht.

Der Polizei ist der Tatverdächtige bekannt, er wird dort als »Gefährder« geführt. Er sei 2017 durch das Oberlandesgericht Düsseldorf unter anderem wegen der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung zu einer Jugendstrafe von fünf Jahren verurteilt worden, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Bei der in Rede stehenden Vereinigung soll es sich um den »Islamischen Staat« (IS) handeln. Die Strafe ist vollständig verbüßt.

Es soll sich dem »Spiegel« zufolge um einen Mann handeln, den das Magazin bereits 2014 porträtiert hatte. Er soll in Bielefeld aufgewachsen sein, seine Mutter habe wie auch er die deutsche Staatsbürgerschaft. 2013 sei er nach Syrien gegangen und habe sich dort unter dem Kampfnamen »Osama der Deutsche« dem »IS« angeschlossen. In Propaganda-Videos soll er die Köpfe enthaupteter Männer in die Kamera gehalten haben. Nach übereinstimmenden Medienberichten kehrte S. im Jahr 2016 nach Deutschland zurück und wurde am Frankfurter Flughafen festgenommen.

Laut dem »Spiegel« soll der aktuelle Hinweis auf den Beschuldigten von einem ausländischen Geheimdienst gekommen sein. Die Behörden hätten befürchtet, dass der Verdächtige einen Lkw einsetzen könnte, zu dem er leichten Zugang habe. Vor Wochen habe er auch »Attacken gegen Polizeieinrichtungen erwogen«. Einen konkreten Verdachtsmoment für eine bevorstehende Tat des Beschuldigten gibt es aber nicht.

Der Rechtsanwalt von Tarik S. sagte dem »Spiegel« zu den Vorwürfen, er gehe von einer Verwechslung aus. Sein Mandant sei »nachweislich deradikalisiert«, so das Magazin. Laut dem Anwalt habe das nordrhein-westfälische Innenministerium ihn dafür sogar ausdrücklich gelobt.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sieht vor dem Hintergrund des Nahost-Konflikts momentan keine explizite Gefährdung durch Islamisten. Das sagte sie unter Berufung auf das Bundeskriminalamt am Mittwoch in Berlin.

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