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Borussia Dortmund: Ein Sieg gegen die Zweifel und für die Zukunft

Dortmunds Fußballer drehen mit großer Moral das Spiel gegen Borussia Mönchengladbach

  • Daniel Theweleit, Dortmund
  • Lesedauer: 4 Min.
Zurückgekämpft: Ramy Bensebaini (r.) und der BVB gegen Gladbach mit Franck Honorat
Zurückgekämpft: Ramy Bensebaini (r.) und der BVB gegen Gladbach mit Franck Honorat

Edin Terzic gab sich viel Mühe, diesen Satz positiv klingen zu lassen, der an einen etwas altmodischen Werbeslogan erinnert: »Mit dem BVB wird es nie langweilig in dieser Saison«, sagte Dortmunds Trainer nach dem 4:2 gegen Borussia Mönchengladbach – in einem Spiel, das ihm eigentlich viel zu wild geworden war. Aber das Publikum hatte tatsächlich wieder einmal einen dieser betörenden Abenteuernachmittage erlebt, die zum Faszinosum dieses Vereins gehören.

Als Donyell Malen in der siebten Minute der Nachspielzeit mit Ball am Fuß in Richtung des leeren Mönchengladbacher Tores sprintete, konnte sich der bis in jede Körperfaser elektrisierte Dortmunder Teil des Publikums genussvoll dem schwarz-gelben Zauber hingeben. Der Ball war noch nicht im Tor, aber kurz nach dem Augenblick der Angst, als der Gladbacher Christoph Kramer beinahe noch das 3:3 geschossen hätte, wussten jetzt alle, dass dieses Spiel mit einem Sieg enden würde. Malen riss die Arme bereits vor seinem Torschuss in die Höhe, und vollendete dieses kleine Fußballdrama mit dem finalen 4:2.

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»Welche Moral, welche Energie die Mannschaft wieder auf den Platz bekommen hat, dafür großes Kompliment«, sagte Edin Terzic nach dem Ritt durch die Welt der Fußballgefühle. Begonnen hatte das Spiel nämlich katastrophal für die Dortmunder: Nach 28 Minuten lagen sie nach Treffern von Rocco Reitz und Manu Koné mit 0:2 zurück, Alassane Pléa hatte sogar ein weiteres Tor für die Borussia vom Niederrhein geschossen, stand aber knapp im Abseits. »Wir haben versucht, die Gladbacher im Eins gegen Eins zu verteidigen, das hat nicht so gut geklappt«, sagte Julian Brandt später.

Nach den beiden furchtbaren Leistungen beim 0:4 gegen den FC Bayern sowie dem 1:2 beim VfB Stuttgart, die Gerüchte über Zerwürfnisse innerhalb der Sportlichen Leitung und Zweifel am Trainer befeuert hatten, drohte der Absturz in einen akuten Krisenzustand. Der Rückstand auf die Tabellenspitze wäre auf 13 Punkte angewachsen, bei der Mitgliederversammlung, die am Sonntag stattfand, hätte es harte Auseinandersetzungen gegeben.

Doch irgendwie weckte eine bedrohliche »Mit dem Rücken an der Wand«-Situation wieder einmal diese im Wesen dieser Mannschaft schlummernden Widerstandskräfte, die im vergangenen Frühjahr beinahe den Gewinn der deutschen Meisterschaft ermöglicht hätten. »Für uns war es sehr, sehr wichtig, dass wir nach diesem 0:2 sehr schnell zurückgekommen sind, das Spiel in unsere Richtung gedreht haben, erneut Comeback-Qualitäten gezeigt haben«, sagte Sportdirektor Sebastian Kehl. »Das brauchen wir nicht jedes Mal, aber es ist trotzdem ein Merkmal dieser Mannschaft.« Elf Punkte haben die Dortmunder in dieser Saison nach Rückständen noch gewonnen.

So leitete der in den meisten Phasen seiner Karriere nicht als Defensivzweikämpfer in Erscheinung getretene Marco Reus durch energische Balleroberungen zwei der drei Treffer ein, mit denen Dortmund dieses Spiel noch vor der Pause drehte. Brandt lieferte in der 31. Minute eine beeindruckende Vorarbeit zu Marcel Sabitzers 1:2, ein spektakulärer Torabschluss von Niklas Füllkrug mit dem Außenrist führte nur eine Minute später zum Ausgleich. Noch vor der Pause erzielte der starke Jamie Bynoe-Gittens den dritten Treffer. »Wir sind so ein bisschen in den Flow gekommen, was wir gerne öfter hätten«, sagte Nico Schlotterbeck.

Die These zur Zukunft, die Trainer Terzic noch vor wenigen Wochen in prägnante Worte gefasst hatte, ist am Ende dieses Novembers wiederlegt. Seine Mannschaft spiele »weniger sexy«, habe dafür aber »mehr Erfolg«, hatte er nach einer Reihe von biederen, aber siegreichen Auftritten erklärt. Inzwischen sind die Topklubs Bayer Leverkusen und Bayern München enteilt, und das Publikum im Dortmunder Stadion hatte gegen Mönchengladbach genau jenen wankelmütigen Spektakelfußball erlebt, den Terzic zwar »sexy« findet, den er aber gerne zugunsten von Zuverlässigkeit und Stabilität überwinden würde. »Es war wichtig, so eine Reaktion zu zeigen«, sagte er jetzt. Denn nicht nur die Mitgliederversammlung wäre mit einem weiteren Misserfolg höchst unangenehm geworden, auch die anstehenden, richtungweisenden Partien hätten unter ganz anderen Umständen stattgefunden.

Der BVB spielt am Dienstag in seiner spannenden Champions-League-Gruppe bei der AC Mailand, es folgen eine Partie bei Tabellenführer Leverkusen und ein Pokalduell beim VfB Stuttgart, bevor Leipzig und Paris in Dortmund zu Gast sein werden. Vielleicht wird dann besser erkennbar sein, ob dieser in Extremen pendelnde BVB in dieser Saison nun sexy und erfolgreich ist oder eben doch zerrüttet und krisenanfällig. Wahrscheinlicher ist aber, dass die Unberechenbarkeit ein prägender Wesenszug dieses Teams bleibt.

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