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Kongo: »Entscheidungen über Politik sind Männersache«
Die Frauenrechtlerin Passy Mubalama zu den Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo
Im Kongo haben sich 44 Millionen Personen bei der Wahlkommission registrieren lassen, um abstimmen zu können. Die Hälfte davon sind Frauen. Interessieren sie sich im gleichen Maß für Politik wie die Männer?
Nicht unbedingt. Die Wahlkarte dient im Kongo als Dokument der Identifikation. Denn es gibt keine Personalausweise. Der Reisepass ist sehr teuer. Den können sich nur wenige Leute leisten. Eine Frau, deren Dorf überfallen wurde, hat mir erzählt, dass sie sich die Wahlkarte besorgt hat, damit sie leichter identifizierbar ist, wenn sie auf der Flucht vor den Kämpfen zwischen den Milizen und der Armee tot aufgefunden wird. Das hat mich schockiert. Entscheidungen über Politik und auch über Sicherheit sind im Kongo immer noch Männersache
Gibt es Hinweise, dass sich das ändert?
Die Zivilgesellschaft bemüht sich, den Frauen zu erklären, dass sie ein Recht auf Beteiligung an politischen Entscheidungen haben. Im Moment sind im nationalen Parlament in Kinshasa nur 13 Prozent der 500 Abgeordneten Frauen. Nur wenige Frauen trauen sich in die Politik.
Unter den 22 Präsidentschaftskandidaten sind zwei Frauen. Für das Abgeordnetenhaus spricht man von mehr als 25 000 Kandidaten, davon etwa 20 Prozent Frauen
Das ist etwas mehr als bei früheren Wahlen. Es ist erfreulich, dass der Frauenanteil zumindest tendenziell steigt. Aber die Sache hat einen Haken. Das neue Wahlgesetz besagt, dass die Parteien, die 50 Prozent Frauen auf ihre Liste setzen, die Registrierungsgebühr bei der Wahlkommission nicht bezahlen müssen.
Diese Gebühr beträgt für die Wahl zum Abgeordnetenhaus umgerechnet 595 Euro pro Kandidat oder Kandidatin.
Ja, das ist viel Geld. Daher haben die Parteien ihre Listen mit Frauen gefüllt, die bisher politisch kaum aktiv waren. Kandidatinnen haben mir erzählt, dass man sie vor vollendete Tatsachen gestellt hat. Sie wurden einfach auf die Liste gesetzt und erst angerufen, als die Liste schon bei der Wahlkommission lag.
Weshalb haben die Frauen ihren Namen nicht zurückgezogen?
Das ist in unserer Kultur nicht so einfach. Wenn ein Mann entscheidet, dass eine Frau auf der Liste zu stehen hat, widersprechen die meisten Frauen nicht. Manchmal macht auch die Familie Druck, dass die Frau Kandidatin sein soll. Manche hoffen, so in die Politik einsteigen zu können, um damit Geld zu verdienen. Abgeordnete verdienen im Kongo sehr viel. Mit Zulagen kann das monatliche Gehalt bis zu 22 000 Dollar (Anm. 20 000 Euro) betragen.
Was bedeutet es für die Teilhabe von Frauen, wenn auf der Liste Kandidatinnen ohne Erfahrung stehen?
Leider sind wir nun in einer Situation, dass wir viele unqualifizierte Kandidatinnen haben. Aidprofen und andere Organisationen haben darauf reagiert. Wir organisieren Fortbildungen für die Kandidatinnen. Wir erklären ihnen, was die Aufgabe einer Abgeordneten ist. Aber wir helfen ihnen auch, ihr Selbstbewusstsein und ihre Fähigkeiten zu stärken, wie sie argumentieren und für ihre Überzeugungen einstehen können. Resilienz und der Wille, selbst zu entscheiden, sind für die Teilhabe von Frauen an politischen und gesellschaftlichen Entscheidungen sehr wichtig.
Wie sind die Frauen im Wahlkampf angekommen?
Sie traten kaum in Erscheinung. Die politischen Parteien haben sie benutzt, um die Listen zu füllen. Aber die Frauen hatten kein Geld, um Wahlkampf zu machen. Das sagt einiges über das politische System im Kongo aus. Ohne echte Teilhabe von Frauen werden politische Entscheidungen gefällt, die nicht in erster Linie der Bevölkerung zugute kommen.
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