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Kunstraum Bethanien: Anklage gegen Migrationspolitik

Die Ausstellung »Re:Borders« beschäftigt sich mit der EU-Abschottungspolitik

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 3 Min.
Das Re:Borders-Kollektiv: Kasia Wojcik und Michél Kekulé
Das Re:Borders-Kollektiv: Kasia Wojcik und Michél Kekulé

Junge Männer blicken in den Sonnenuntergang. Immer mehr Lichter einer nahen Stadt blitzen auf. Für die jungen Männer ist sie ein Sehnsuchtsort. Es sind Migrant*innen aus verschiedenen Ländern Afrikas. Sie befinden sich an der nordmarokkanischen Mittelmeerküste in unmittelbarer Nähe zur spanischen Enklave Melilla.

Der Dokumentarfilm »Les Sauteurs – Those who Jump« von Moritz Siebert, Estephan Wagner und Abou Bakar Sidibé ist in der von der Rosa-Luxemburg unterstützten Ausstellung »Re:Borders« zu sehen. Er zeigt, wie sich unter den vielen meist jungen Männern, die dort zwangsweise zusammenleben müssen, eine eigene Ordnung herausbildet. Sie spielen Fußball, musizieren oder präparieren ihre Schuhe so, dass ihre Füße beim nächsten Versuch, den mit Natodraht versehenen Grenzzaun zu überwinden, einen besseren Halt finden.

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Wir sehen auch, dass diese Grenze tödlich ist. Ein Migrant wird beim Versuch, sie zu überwinden, von einer Polizeikugel tödlich getroffen. Ein Freund hat die traurige Aufgabe, die Angehörigen des Getöteten per Handy zu informieren. Hier wird deutlich, was mit dem Begriff »tödliche Grenze« gemeint ist.

Die Ausstellung im Projektraum des Kunstquartiers Bethanien am Mariannenplatz läuft noch bis zum 3. März. Ihr Untertitel lautet »Eine Anklage«. Tatsächlich sind alle gezeigten Exponate eine Anklage gegen die Abschottungspolitik gegen Migrant*innen, wie sie von sämtlichen Regierungen der EU-Länder unterstützt wird.

Die sieben gezeigten Ausstellungsstücke wurden von einem Kollektiv zusammengestellt, das von der Autorin Kasia Wojcik und dem in Fulda geborenen Fotografen Michél Kekulé geleitet wird. Kekulé ist mit einer Fotoarbeit vertreten, in der er seine Einsätze als Helfer bei der Initiative Seawatch dokumentiert. Wir sehen Menschen, die sich in Lebensgefahr über Wasser halten, wir sehen aber auch rettende Hände, die ihnen auf das Boot helfen und sie später trösten, ihnen Wasser und Decken reichen. Es sind Zeichen von Menschlichkeit in einer Gesellschaft, die Migrant*innen draußen halten will.

Kekulé macht im Gespräch über seine Arbeit auch deutlich, dass es die Zivilgesellschaft ist, die diese Arbeit leistet. Diese wird von vielen staatlichen Instanzen nicht etwa unterstützt, sondern kriminalisiert. Prozesse gegen Sea-Watch-Aktivist*innen gibt es aber nicht nur in Italien. Auch in Deutschland wird versucht, ihre Arbeit zu erschweren.

Deswegen ist die Ausstellung umso wichtiger. Sie hat einen klaren klaren politischen Anspruch, der im Manifest »Keine Grenze ist für immer« unmissverständlich dokumentiert wird. Dort wird der Zweck der Ausgrenzung ganz klar benannt: »Die eigene Freiheit ist selbstverständlich, den anderen soll sie unerreichbar bleiben. Sie sollen bleiben, wo sie sind, und nicht daran erinnern, warum wir so leben können, wie wir es tun, warum wir teilen müssen, aber so gerne wegschauen. Und wehe, sie wagen es trotzdem nach Europa zu kommen.«

Natürlich sollte kritisch darüber diskutiert werden, wer mit dem angesprochenen »Wir« gemeint ist. Für solche Diskussionen gibt es noch bis zum 3. März Gelegenheit. Die Ausstellung ist täglich von 15 bis 19 Uhr und Samstag und Sonntag schon ab 11 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. Ab 19 Uhr gibt es ein Begleitprogramm zum Thema. So wird es am 29. Februar einen Talk zwischen dem Menschenrechtsaktivisten Imad Al Suliman und der Linke-Bundestagsabgeordneten Clara Bünger geben.

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