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Altes Stadtbad Lichtenberg im neuen dunklen Glanz

Ein altes Bad ganz neu gedacht: Die Ausstellung »STADTBAD reloaded« lässt in Tiefen schlendern, die seit zwei Jahrzehnten kein Wasser mehr sahen

  • Anne Hahn
  • Lesedauer: 3 Min.
Das unter Denkmalschutz stehenden Stadtbad Lichtenberg, auch Hubertusbad genannt, hat seit 1991 kein Wasser mehr gesehen.
Das unter Denkmalschutz stehenden Stadtbad Lichtenberg, auch Hubertusbad genannt, hat seit 1991 kein Wasser mehr gesehen.

»Hier könnte man mehrere Ebenen bespielen. Du hast einen Umgang, das Erdgeschoss, und theoretisch könnte man noch tiefer gehen, also drei Etagen in einem Raum.« – »Und was würdest du mit den Umkleiden machen? Hätte das irgendeinen Witz?« – »Meine Idee wäre nicht jugendfrei …«

Wir schauen von der Empore in den dunklen Raum, atmosphärische Musik wabert, drei Menschen lehnen an der Brüstung. Oben steht Nachthimmel hinter den Fenstern. Die hohe Halle wird in zwei Etagen von Kabinen flankiert, über den hellblauen Kacheln des Beckens liegt die Bodenplatte, durchbrochen von einem gläsernen Streifen. Sparsam gesetzte Spots markieren die Säulen der Frauen-Schwimmhalle, ihre springend verbauten Backsteine werfen scharfe Schatten.

Über Wasser

Anne Hahn ist Autorin von Romanen und Sachbüchern und schwimmt für »nd« durch die Gewässer der Welt.

Es ist der zweite Abend der Ausstellung »STADTBAD reloaded«, die im ehemaligen Stadtbad Lichtenberg stattfindet. Vier Wochenenden lang kann man nach Erwerb eines Onlinetickets zwischen 12 und 20 Uhr durch das alte Bad schlendern, dessen Wasser 1991 endgültig abgelassen wurde.

»Schau mal, die Türme da oben«, mein Sohn zeigt auf die Ecktreppentürme mit ihren kleinen Balkonen. »Da könnten Vortänzer drin tanzen«, werfe ich ein und bald überschlagen sich unsere Ideen: Artisten am Seil, ausgeleuchtete Decke, herabhängende Skulpturen und eine Wasser-Simulation. Ein transparenter Boden, eine dynamische Installation oder wirklich Wasser einlassen und Fische … Wir fantasieren weiter, als wir die Monitore der Kunstausstellung in den Umkleidekabinen betrachten. Die Ausstellung mit ihren 154 Screens verbraucht so wenig Strom wie der Betrieb von anderthalb PlayStations 5, die Dunkelheit ist also gewollt und passt hervorragend zu diesem Ort.

Mein Sohn organisiert mit Freunden selbst Events und ein Festival, er ist begeistert von diesem 96-jährigen Bau, der hohen Decke, dem Lichthof, den Räumen mit Wannen und Duschbädern. Wir bestaunen schmiedeeiserne Gitter, intakte Kacheln und die Fassadenskulpturen.

Am Ausgang kommen wir mit den aufsehenden Damen ins Gespräch. »Wenn ihr diesen Saal mietet, sind wir mit inbegriffen! Wir sind Veranstaltungskräfte und haben Brandschutzschulung und Transportsanitäter, das heißt, wir greifen in Notfällen auch ein,« erklärt die Chefin und setzt nach; Musikveranstaltungen seien nicht möglich, gegenüber liegt die Babystation des Sana-Klinikums. Sonst alles, was man sich vorstellen kann. Eine Trauung hatten sie schon hier, die lange Nacht der Auszubildenden, Filmdrehs, Ausstellungen, eine Foto-Tour. Man darf nur 190 Mann gleichzeitig hereinlassen: »Wir müssen den Evakuierungsplan einhalten!«

Als die »Hupe« in der Hubertusstraße nach einigen Baustopps 1928 eröffnet wurde, bot es zwei Schwimmhallen, Sonnenterrasse, Gymnastikraum, Sauna, Fußmassage und Friseur – und atmete den Geist des Expressionismus. Bis 1991 lernten Tausende Kinder hier schwimmen. Heute wirkt das Bad mit ungewisser Zukunft wie eine verwunschene Burg, sein Inneres wie eine Zauberhöhle. »Wir lieben es«, ruft die Chefin uns in die Berliner Nacht hinterher.

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