Iran: Kontrolle und Überwachung

Iranische Regierung will Frauen mit schärferen Zwangsmaßnahmen zum Tragen des Kopftuchs nötigen

  • Cyrus Salimi-Asl
  • Lesedauer: 4 Min.
Zwei iranische Frauen sitzen ohne das obligatorische Kopftuch in einem Café in der Innenstadt von Teheran.
Zwei iranische Frauen sitzen ohne das obligatorische Kopftuch in einem Café in der Innenstadt von Teheran.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International berichtet von verschärfter Überwachung und Kontrolle, um Frauen zum Anlegen des Kopftuchs zu zwingen. »Die iranischen Behörden führen eine groß angelegte Kampagne zur Durchsetzung der repressiven Verschleierungsvorschriften durch«, erklärte die Nichtregierungsorganisation am Mittwoch und sprach von einer »drakonischen« Vorgehensweise.

Frauen und Mädchen im Iran würden im öffentlichen Raum »umfassend« überwacht, zudem gebe es »massenhaft Polizeikontrollen«, erklärte Amnesty in dem Bericht, der sich auf Aussagen von mehr als 40 Frauen im Iran stützt und anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März veröffentlicht wurde. Die iranischen Behörden wählen neue Wege, um ihr Ziel zu erreichen. So seien willkürlich die Autos von zehntausenden Frauen beschlagnahmt worden, bloß weil diese sich den strengen Kleidungsvorschriften widersetzt hätten. Einige seien zudem strafrechtlich verfolgt und zu Peitschenhieben, Geldbußen oder Gefängnisstrafen verurteilt worden.

So berichtet eine Frau aus der Provinz Teheran, als sie nach einer Autopanne ausstieg – ohne Kopftuch: »Ein Agent der Revolutionsgarden in Uniform kam auf einem dieser schweren Motorräder ohne Nummernschild und befahl mir unter Rufen und Drohungen, mein Kopftuch anzulegen. Er notierte sich mein Kennzeichen, und ich erhielt sofort eine SMS, in der mir mitgeteilt wurde, dass mein Auto beschlagnahmt worden sei und ich darauf warten solle, dass sich die Polizei bei mir meldet. Im Laufe des vergangenen Jahres habe ich fünf oder sechs SMS erhalten.«

Dieter Karg, Iran-Experte von Amnesty International in Deutschland, spricht vom Versuch, den Widerstand der Protestbewegung »Frauen, Leben, Freiheit« zu brechen. »Sie terrorisieren Frauen und Mädchen, indem sie sie ständig überwachen und polizeilich kontrollieren, ihre täglichen Routinen stören und versuchen, sie psychisch zu zermürben.«

Karg erklärt sich die Zunahme repressiver Maßnahmen mit der Ohnmacht des iranischen Regimes während der Proteste 2022 und 2023 nach dem gewaltsamen Tod der Kurdin Jina Mahsa Amini. »Damals hatte die Regierung die Kontrolle verloren und große Mühe, sich durchzusetzen gegen die protestierende Bevölkerung«, sagte er »nd«. Es gehe den Machthabern jetzt darum, zu zeigen, »wer die Macht im Land hat. Jede kleinste Regung von Widerstand soll unterdrückt werden.«

Dennoch sieht man auch heute noch auf Fotos oder in Videos Aktionen zivilen Ungehorsams. Die Bevölkerung lehne sich »mit kleinen Gesten« auf, zum Beispiel indem Frauen bewusst ohne Kopftuch auf die Straße gingen oder die Menschen Wahlen boykottierten, wie gerade am Freitag geschehen.

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Apropos Wahlen: Dass diese eine Rolle spielen bei der Repressionswelle, glaubt Iran-Experte Karg eher nicht. Er schließt nicht aus, dass die Regierung zukünftig noch repressiver auftritt. Im vergangenen September beschloss das iranische Parlament eine Verschärfung der Strafen für Verstöße gegen die Kleidervorschriften. Das Gesetz mit dem vielsagenden Titel »Gesetz zur Förderung der Keuschheit und des Hijabs« muss noch vom Wächterrat bestätigt werden. Damit sollten auch die Kompetenzen für Sicherheitsbehörden ausgeweitet werden, so Karg. »Der Gesetzentwurf verpflichtet zudem Geschäfteinhaber, ihre Kundinnen zum Anlegen des Hijabs zu verpflichten, andernfalls könnte das Geschäft für drei Monate geschlossen werden.«

Die Einschüchterungsversuche betreffen viele Bereiche des täglichen Lebens. So erzählt eine Frau aus der Provinz Fars, dass sie selbst in einer Bank nicht mehr bedient werde, weil die Behörden die Überwachungskameras überprüften und die Bank sanktionieren würden, sollten unverschleierte Frauen bedient werden. »Wir (unverschleierten Frauen und Mädchen) dürfen nicht in die U-Bahn«, sagt dieselbe Frau. »Ich habe es ein paar Mal geschafft, den Beamten zu entkommen und die Metro zu betreten, aber sie verweigern mir den Zutritt, wenn sie sehen, dass ich kein Kopftuch trage.«

Auch das Veröffentlichen von Fotos ohne Kopftuch wird bestraft. Eine Mutter berichtet, wie ihre Tochter Fotos ohne Kopftuch auf Instagram gepostet hatte: »Sie erhielt mehrere Anrufe von unbekannten Nummern, die sie nicht beantwortete. Eines Morgens kamen plötzlich mehrere maskierte Agenten des Geheimdienstministeriums zu unserem Haus und beschlagnahmten ihren Laptop und ihr Telefon. Daraufhin wurde sie zum Verhör ins Geheimdienstministerium geladen und dort mehrere Stunden lang festgehalten.« Man stellte ihr viele Fragen, um sie einzuschüchtern, die Agenten trugen Masken und gaben ihre Namen nicht preis.

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