Grün Berlin GmbH: Falschkalkulation und hohe Managergehälter

Linke-Politikerin und Verein fordern die Auflösung des landeseigenen Unternehmens

  • Moritz Lang
  • Lesedauer: 3 Min.
Allein die Sanierung des Eierhäuschens durch die Grün Berlin GmbH hat den Haushalt 16 Millionen Euro gekostet. Für den gesamten Spreepark hat sich die Kostenschätzung innerhalb von vier Jahren verfünffacht.
Allein die Sanierung des Eierhäuschens durch die Grün Berlin GmbH hat den Haushalt 16 Millionen Euro gekostet. Für den gesamten Spreepark hat sich die Kostenschätzung innerhalb von vier Jahren verfünffacht.

Verdreifachte Kosten, erhöhte Spitzengehälter, Prestigeprojekte ohne großen Nutzen für Berliner*innen: Die Liste an Kritikpunkten an der Grün Berlin GmbH ist lang. Um die Projekte und Geschäftspraktiken des landeseigenen Unternehmens ging es am Donnerstag bei einer Anhörung im Umweltausschuss des Abgeordnetenhauses. Das formal private Unternehmen mit dem Land Berlin als 100-prozentigem Gesellschafter entwickelt und bewirtschaftet städtebauliche Projekte, Grünanlagen und Infrastruktur. Diese haben mitunter Vorzeigecharakter, wie die Gärten der Welt samt Seilbahn in Marzahn oder der Wiederaufbau des Spreeparks in Treptow.

Das lässt man sich einiges kosten: Der Betrieb der Seilbahn, welchem die BVG kaum verkehrlichen Nutzen attestiert, wird vom Land in den nächsten zehn Jahren mit 15 Millionen Euro finanziert. Die Sanierung der Gaststätte Eierhäuschen im Spreepark hat 16 Millionen Euro gekostet, für das Riesenrad samt aufwändiger Hängestruktur sind 6,3 Millionen im Doppelhaushalt 2024/25 vorgesehen. Insgesamt sollen sich die Kosten für den Park auf rund 100 Millionen Euro belaufen, gut 80 davon aus Landesmitteln.

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Neben den äußerst hohen Kosten steht vor allem ihre Steigerung in der Kritik: Katalin Gennburg, Sprecherin für Umwelt der Linken und direkt gewählt im Wahlkreis um den Spreepark, weist auf regelmäßige Erhöhungen von Projektkosten auf das Doppelte oder Dreifache hin. Für die Spreepark-Erneuerung war im Haushalt vor vier Jahren nur ein Fünftel der derzeitigen Kosten vorgesehen.

Wieso die Kalkulation nun so anders ausfällt, lässt sich bei einer formal privaten GmbH allerdings nicht so einfach herausfinden. Anfragen von Bürger*innen und Abgeordneten können mit Verweis auf das Betriebsgeheimnis abgewiesen werden. Die Kontrolle findet über die Regierung statt, nicht über das Parlament. Und auch wenn Grün Berlin die »gemeinnützige Ausrichtung« betont, hält es die Firma nicht davon ab, dem Geschäftsführer Christoph Schmidt Gewinnbeteiligungen zu zahlen. Nach Berechnungen von Gennburg hat sich so sein Jahresgehalt innerhalb von acht Jahren um 56 Prozent auf 223 000 Euro im Jahr 2022 erhöht.

In der Regierung ist man vor allem dankbar: So findet es Staatssekretärin für Umwelt Britta Behrend (CDU) »gut, dass die Grün Berlin baut, sonst würde gar nichts passieren«. Das Unternehmen setze um, was der öffentlichen Hand nicht möglich sei.

Gerade da sieht Carl Waßmuth, Sprecher des Vereins »Gemeingut in BürgerInnenhand«, das Problem: »Das größte Ingenieursbüro der Stadt ist die Verwaltung«, zitiert der Bauingenieur seinen einstigen Kammerpräsidenten. Durch Sparmaßnahmen und Privatisierung sei dieser Status jedoch erodiert. Dass städtische Bauvorhaben auch durchaus erfolgreich umgesetzt werden können, will er an der Schulbauoffensive erkennen. In deren Zuge wurden seit 2017 rund 30 000 Schulplätze durch Sanierung, Neubau und modulare Ergänzungsbauten geschaffen.

»Die Grün Berlin macht die Liegewiese zur Klassenfrage«, sagt Gennburg. Die Firma bekomme Millionen für touristische Prestigeprojekte, die Eintritt kosten, während es den Grünflächenämtern an Geld mangele, um die öffentlichen Parks anständig zu pflegen. Sie schließt sich der Forderung Waßmuths an, Grün Berlin perspektivisch aufzulösen und die Mittel stattdessen den Bezirken zukommen zu lassen. Nur so sei die nötige Kontrolle und Transparenz möglich.

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