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Amazon: Lohnplus an Verdi vorbei
Der US-Konzern erhöht den Einstiegslohn für unqualifizierte Arbeiter
Der US-Logistik- und Clouddienstleister Amazon erhöht den Einstiegslohn für seine Beschäftigten in der Logistik um einen Euro auf mindestens 15 Euro. Das kündigte die deutsche Amazon-Gesellschaft am Mittwoch an. »Wir wollen hier attraktive Arbeitsplätze schaffen und ermöglichen so Menschen mit den unterschiedlichsten Hintergründen, für sich den passenden Job zu finden«, kommentiert Rocco Bräuniger von Amazon Deutschland die Entscheidung. Man habe Gespräche mit Betriebsräten aufgenommen, um die Erhöhung sowie Zusatzleistungen ab September umzusetzen. Je nach Region könnten die Gehälter von dem Mindestbeitrag nach oben abweichen.
Mit dem Schritt will der Konzern auch an der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi vorbeigehen, die seit über zehn Jahren für einen Tarifvertrag im Unternehmen kämpft. »Unsere Forderung seit Jahren ist, dass Amazon die Flächentarifverträge im Handel anerkennt«, erklärt Verdi-Bundesfachgruppenleiterin Corinna Groß auf nd-Anfrage. »Nur mit diesen sind die Lohnsteigerungen festgeschrieben und gibt es gesicherte Rahmenbedingungen und umfassende Sonderzahlungen für alle Tarifbeschäftigten bundesweit.« Das sei mit der derzeit geplanten Erhöhung nicht der Fall und der Konzern diktiere einseitig die Arbeitsbedingungen, kritisiert Groß.
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Im Frühjahr hatten Arbeitgeber und Verdi bei den diesjährigen Tarifrunden in der Logistik und im Handel in mehreren Bundesländern Lohnerhöhungen vereinbart. Das Amazon-Management lehnt das für seine Beschäftigten jedoch ab. »Wir sind auch ohne Tarifvertrag ein fairer und verantwortungsbewusster Arbeitgeber«, teilt der Konzern auf nd-Anfrage zur Kritik der Gewerkschaft mit. Laut Unternehmen liegt der durchschnittliche Jahreslohn der rund 20 000 Beschäftigten in der Logistik nach zwei Jahren Betriebszugehörigkeit mit der Lohnerhöhung künftig bei 39 000 Euro brutto. Hinzu kommen Zusatzleistungen wie die Förderung von Weiterbildungsangeboten von bis zu 8000 Euro. Auch Fachkräfte und Teamleiter*innen sollen eine Lohnsteigerung auf mindestens 21 Euro pro Stunde erhalten. Ausgespart sind dagegen die über Subunternehmen angestellten Zusteller*innen, die auf dem sogenannten letzten Meter unter meist äußerst prekären Bedingungen Pakete für Amazon ausliefern.
Mit seiner Ablehnung von Tarifverträgen ist der Konzern nicht allein, worauf auch ein Sprecher auf nd-Anfrage hinweist. Laut Forscher*innen des gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts verweigern rund 25 Prozent aller großen Dax-Konzerne verbindliche Vereinbarungen mit einer Gewerkschaft. Hierzu gehören auch der Elektroautomobilhersteller Tesla oder der Biotechnologie-Konzern Biontech. Die Tarifbindung nimmt in Deutschland seit Jahren kontinuierlich ab.
Kritiker*innen werfen dem Unternehmen gewerkschaftsfeindliche Strategien vor. Unter anderem soll es gegen missliebige Betriebsräte und aktive Gewerkschafter*innen vorgegangen sein. Zudem liege der Konzern angesichts hoher Gewinne mit der aktuellen Lohnerhöhung weit unter seinen Möglichkeiten, bemängelt Groß von Verdi. Das Unternehmen habe seinen Umsatz in Deutschland auf knapp 35 Milliarden Euro vergrößern können. »Das bedeutet für Amazon in Deutschland in den letzten zehn Jahren 356,6 Prozent an Umsatzsteigerung«, erklärt sie. Angesichts der hohen Inflation der letzten Jahre seien die Beschäftigten »stinksauer«, unterstreicht Groß.
Amazon befindet sich in Deutschland weiter auf Expansionskurs. Im Spätsommer soll ein neues Logistikzentrum im nordrhein-westfälischen Horn-Bad Meinberg in Betrieb gehen, vorangegangen war die Eröffnung eines neuen Standorts in Erfurt im Mai. Die Gesamtzahl der Festangestellten soll bis zum Jahresende auf 40 000 wachsen, ein Anstieg von mehr als zehn Prozent.
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