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Science-Fiction-Mode: Hauptsache Uniformen
Textile Texte (10): In der Science-Fiction, vor allem in der Space Opera, ist die Kleidung wichtiger Teil des World-Building
Mode und Verzweiflung: In diesem Sommer beschäftigt sich das nd-Feuilleton mit Hosen, Hemden, Hüten und allem, was sonst noch zum Style gehört.
In der Schlussszene des ersten Films der Reihe »Star Wars« von 1977, »Eine neue Hoffnung«, werden Luke Skywalker und Han Solo von Prinzessin Leia nach der Zerstörung des imperialen Todessterns Orden verliehen. Die Szene entbehrt nicht einer unfreiwilligen Komik, da diese Prozedur aussieht wie eine Verleihung von Goldmedaillen. In Reih und Glied, brav nach Gewerken geordnet stehen die Mitglieder der Rebellenarmee in einer großen fabrikartigen Halle und applaudieren artig. Trotz aller Pop-Credibility der »Star Wars«-Reihe setzt kaum eine Filmszene die fordistische Ordnung, die für viele Science-Fiction-Filme jener Zeit typisch ist, so bilderbuchartig um wie dieser Appell. Ganz wichtig dabei ist die Kleidung. Neben den orangenen Pilotenuniformen sind olivgrünes Drillich der Soldaten und die beigen »Blaumänner« der Techniker zu sehen. Luke trägt einen seltsam gelben Anorak, der ihn von der Masse abhebt, Han Solo seine maskuline Cowboy-Weste inklusive baumelndem Colt und Prinzessin Leia ihr obligatorisches weißes Kleid, Marke kalifornische New-Age-Priesterin. Die Kleidung in dieser Szene verrät einiges über das damals in Hollywood boomende SF-Genre. Neben dem fordistischen Uniformfetisch, der so prägend für die damals im Kino boomende Space-Opera wurde und das lange bleiben sollte, ist hier der kalifornische 70er-Jahre-Schick von Prinzessin Leia zu sehen, denn die Outfits in der Science-Fiction spiegeln auch immer Modetrends der jeweiligen Entstehungszeit. Han Solos Cowboy-Verkleidung wiederum zeigt, dass Hollywoods Science-Fiction-Träume immer wieder das Wildwest-Motiv in den Weltraum oder die Zukunft transferieren.
Den Colt tragenden Helden gibt Harrison Ford auch fünf Jahre später im SF-Kultfilm »Blade Runner« (1982), obwohl die Androiden jagende Hauptperson in Philip K. Dicks Romanvorlage eher ein frustrierter, um soziale Anerkennung ringender Beamter ist und kein Colt schwingender Macho. Die Kleidungsästhetik von Ridley Scotts Opus »Blade Runner« wirkt im Zuge diverser 80er-Revivals fast schon zeitlos, wenngleich Rachels Schulterpolsterkostüm ikonografisch ebenso für die Mode jener Zeit steht wie das New-Wave-Punk-Outfit des Androiden Roy. Science-Fiction-Filme beeinflussen als massenmediale Bildmaschine natürlich immer wieder Modetrends oder geben diese wider. Das gilt auch besonders für die Matrix-Reihe, die in den 90ern den Gummi- und Lack-Fetisch als festen Bestandteil der Technomode in die Mainstream-Ästhetik einspeiste. Einfluss auf die Ästhetik des Kinos wiederum entfaltete die Modewelt in Luc Bessons Blockbuster »Das fünfte Element« (1997), für den diverse Kleidungsdesigns von Jean-Paul Gaultier entworfen wurden, mit denen Milla Jovovich, Bruce Willis und Chris Tucker durch eine aberwitzig knallbunt-futuristische Welt laufen. Aber auch im zuletzt an den Kinokassen so erfolgreichen »Dune 2« wird die Ästhetik der Kleidung großgeschrieben, für die Hollywoods Erfolgsdesignerin Jacqueline West verantwortlich zeichnet.
In vielen Blogs wurde deshalb wochenlang über den Einfluss des Films auf die Modewelt spekuliert und darüber, wie viel Dior oder Prada in den einzelnen Kostümen steckt. Bei aller Bedeutung, die dem Einfluss der Modewelt auf den Science-Fiction-Film immer wieder gerade auch in jüngerer Zeit zugesprochen wird, spielen Modedesigner in den Erzählungen der Science-Fiction dagegen kaum eine Rolle. Ausnahme ist hier der von Lenny Kravitz verkörperte Cinna, der in »Tribute von Panem« für Katniss Everdeen ein brennendes Kleid entwirft und dessen subversive Modedesigns Teil des Kampfes gegen die autoritäre Herrschaft werden, wofür der Modemacher schließlich sogar hingerichtet wird. Trotz dieser motivischen Nähe zum Modedesign fällt auf, dass die Figuren in der Science-Fiction, vor allem im Sub-Genre der Space-Opera, oft ganz banal und langweilig Uniformen tragen. Auch das wird in der eingangs erwähnten Szene aus »Star Wars« deutlich und setzt sich ungebrochen fort.
Das reicht von den pyjamaähnlichen Uniformen in »Star Trek«, die eigentlich ziemlich aus der Zeit gefallen wirken, aber als ein optischer Markenkern konsequent durch alle Serien- und Spielfilm-Spin-Offs der »Star Trek«-Reihe weitergeführt werden, bis hin zu dem vor allem bei weiblichen Darstellerinnen sexualisierten Uniform-Fetisch wie in »Starship Troopers« (1997), »Oblivion« (2013), »Valerian« (2017) und unzähligen anderen. Gebrochen wird dieser Trend von zwei jüngeren Serien, die bei der Kleidung auf einen düsteren »Industrial-Style« setzen. Sowohl in »Expanse« als auch im »Star Wars«-Spin-Off »Andor«, zwei vergleichsweise politischen und herrschaftskritischen Science-Fiction-Erzählungen, tragen viele Rebellen einen subkulturell geprägten proletarischen Kleidungsstil. In Uniformen laufen in »Andor« nur Gefängnisinsassen, Wärter und imperiale Faschisten herum. Die widerständischen Rebellen sind casual dressed in Leder, dunkler Kleidung, mitunter leicht hippiesk und funktional. In »Expanse« wirkt die polyamore Raumschiffbesatzung um Camina Drummer (Cara Gee) in ihren schwarzen Outfits fast wie eine stylische Antifa-Gruppe. Mal sehen, ob die das Science-Fiction-Genre immer noch so dominierenden Uniformen irgendwann doch endlich entsorgt werden. Zeit wird’s.
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