Tesla-Gegner in den Seilen

Besetzer blockierten Baufahrzeuge, Betrieb kündigte Betriebsrat

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.
Nicht nur die Tesla-Gegner klettern auf Bäume, das kann auch die Polizei.
Nicht nur die Tesla-Gegner klettern auf Bäume, das kann auch die Polizei.

Seit Februar halten junge Leute nahe dem Bahnhof Fangschleuse ein Waldstück besetzt. In Sichtweite der Tesla-Autofabrik stemmen sie sich gegen die geplante Erweiterung des Betriebs. Einige sind erst seit Kurzem da, andere schon länger. May etwa beteiligte sich von Anfang an, war aber zwischendurch weg und ist nun wieder da.

Auch auf die Stelle, an der sich das Protestcamp mit Baumhäusern befindet, sollte sich die Werkserweiterung ursprünglich erstrecken. Nachdem sich die Anwohner gegen den Bebauungsplan aussprachen, beschloss die Gemeindevertretung von Grünheide eine abgespeckte Variante. Die Bäume des Protestcamps dürfen damit stehen bleiben. Doch unmittelbar daneben schlugen Bauarbeiter nachts bei Flutlicht und mit Polizeischutz eine Schneise durch den Forst, um eine Straße für Baufahrzeuge anzulegen. Das war im August, zum Auftakt für den Bau eines neuen Personenbahnhofs und eines Güterbahnhofs.

»Die Kündigung reiht sich in eine lange Liste gewerkschaftsfeindlicher Aktionen bei Tesla ein.«

Christian Görke Bundestagsabgeordneter

Am Montag nun wurde die provisorische Straße aus dem Protestcamp heraus mit einem Baumstamm und Seilen blockiert. »Die Tesla-Erweiterung wird hier Stück für Stück durchgesetzt. Die Deutsche Bahn und das Land Brandenburg schaffen durch die Hintertür Fakten«, beschwerte sich Protestcamp-Sprecherin Mara. Sie nannte das »vorauseigenden Gehorsam für einen Milliardär« – den Tesla-Boss Elon Musk, der sich derweil im US-Wahlkampf offen auf die Seite des republikanischen Kandidaten Donald Trump gestellt hat. »Aber nicht mit uns«, verkündete Mara. »Solange wir hier sind, stehen die Bauarbeiten für Tesla still!«

Das hielt aber vorerst nur bis zum Abend an. Dann hatte die Polizei eine zwischen den Bäumen in den Seilen hängende Person heruntergeholt und den Weg wieder freigemacht, wie May vom Camp am Dienstag bestätigte. Zuvor hatten andere Aktivisten, die nicht aus dem Camp kamen, schon einmal einen Bagger besetzt, um die Bauarbeiten zu behindern.

Für die jungen Leute sind die großen Tesla-Elektroautos kein Bestandteil der Verkehrswende und keine Lösung für die heraufziehende Klimakatastrophe. Nicht umsonst stand sarkastisch »grüner Kapitalismus« auf einem Banner, das am Montag in der Schneise aufgespannt war.

Derweil kam es auch im Werk selbst zu einer Konfrontation. Einer Mitteilung der Gewerkschaft IG Metall zufolge ist einem Kollegen und Ersatzmitglied des Betriebsrats fristlos gekündigt worden. Gegen das Votum der Liste der IG Metall habe der Betriebsrat »mit der Mehrheit der Arbeitgeber-Fraktion dem nicht nur zugestimmt, sondern das Ganze sogar mit angeschoben«. Dies sei ein Skandal. Die Kündigung sei ein erneuter Versuch, Gewerkschaftsmitglieder einzuschüchtern. »Allein die ersten 35 unserer Liste haben seit Anfang des Jahres zusammen 25 Abmahnungen erhalten.« Jedem Betriebsrat der IG Metall sei bereits die außerordentliche Kündigung angedroht worden. »Alle im Werk, die den Mund aufgemacht haben oder einmal länger krank gewesen sind, können von ähnlichen Erfahrungen berichten.«

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IG Metall-Bezirksleiter Dirk Schulze reagierte auf die Kündigung mit den Worten, damit sei »eine rote Linie überschritten«. Man könne im Betriebsrat unterschiedlicher Meinung sein und miteinander streiten. Es könne es auch einmal laut und emotional werden. »Aber Betriebsräte schwärzen sich nicht beim Arbeitgeber an und erst recht beteiligen sie sich nicht an Kündigungen anderer Betriebsräte.« Wer der Werksleitung dabei helfe, unliebsame Kollegen loszuwerden, habe nicht verstanden, wofür Betriebsräte da sind und sollte sein Amt niederlegen. Es sei seit Ende Mai schon die zweite Kündigung eines Betriebsrats der IG Metall. Die erste habe das Landesarbeitsgericht bereits als unbegründet abgewiesen. Auch in dem neuen Fall werden die Anwälte der IG Metall dem Kollegen zur Seite stehen, kündigte Schulze an.

»Die Kündigung reiht sich in eine lange Liste gewerkschaftsfeindlicher Aktionen bei Tesla ein«, kritisierte der Bundestagsabgeordnete Christian Görke (Linke). Er erwartet von der Landesregierung endlich deutliche Worte. »Denn wir sind hier nicht im Wilden Westen!«

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