Für das Leben, gegen den Tod

Das Bündnis »Feminism unlimited« rief zum Gedanken am 7. Oktober auf. Das Motto der Veranstaltung ist ein Gegenentwurf zu rechten Erzählungen

  • Henning Fischer
  • Lesedauer: 3 Min.
Das Bündnis »Feminism unlimited« demonstriert an einem queerfeministischen Kampftag, Berlin im März 2024
Das Bündnis »Feminism unlimited« demonstriert an einem queerfeministischen Kampftag, Berlin im März 2024

Das Leben, könnte man sagen, steht unter Beschuss. In einer Geschichte der Herrschaft war es ihm noch nie leicht gemacht. Inzwischen ist es allerdings auf einem Planeten zu Hause, der unter einer ungeheuren Warensammlung begraben ist, durch deren giftige Herstellung er unbewohnbar wird. Immer häufigere Naturkatastrophen trocknen die Lebensräume der Gesellschaften aus, die in Verarmung gehalten werden, und überfluten jene, die von dieser Verarmung profitieren. »Fortschritt« scheint es vor allem bei der Anwendung immer raffinierterer Waffensysteme zu geben. Viel Leid also, viel Tod, dem sich das Leben, wenn wir es mal kurz zur Person erklären, gegenübersieht; viel Zwist, viel Kampf, viel Apathie.

Diese Entwicklung ist fortschreitend – mehr Armut, mehr Konkurrenz, mehr Ignoranz. Sie hat in den letzten Jahrzehnten viele derjenigen aus dem Weg geschlagen, die sich für Solidarität und ihre Infrastrukturen, Menschenfreundlichkeit und Emanzipation einsetzen. Ein paar von diesen Figuren gibt es noch – mehr als man im Alltag des rasenden Stillstands sieht, weil sie sich in die Gräben und Böschungen verzogen haben. Wenn diese Leute dann doch herauskommen und wieder zusammen auf den Weg treten, wird es schön: sich rühren, andere anrühren, wieder auf andere hoffen.

Viele große Worte, pardon. Aber sie entstehen, wenn Rührung und Hoffnung zusammenkommen und es einen Begriff dafür gibt. Die Kundgebung »Für das Leben, gegen den Tod« des Bündnisses »Feminism unlimited« am 7. Oktober in Berlin-Kreuzberg hat in schwierigen, sozusagen begriffslosen Zeiten, nicht nur einen Raum geschaffen, um zu trauern und gerührt zu sein, also gegen die uns überall überholende Verhärtung zu wirken, sondern auch einen politischen Begriff, der zusammenholen kann, was durch die lange Reihe der linken Niederlagen in alle Winde verstreut worden ist. Es ist kein Zufall, dass es eine feministische Kundgebung ist, die das schafft, weil es der Feminismus ist, der sich noch am stärksten dem rechten Landgewinn entgegenstellt, ihn auszutricksen weiß.

»Für das Leben« könnte heißen, das Leben aller Lebenden lebenswert zu machen, in Wertschätzung und Kooperation, mit dem Notwendigen ebenso versorgt wie mit dem Schönen, inklusive eines funktionierenden Planeten, sodass Zeit bleibt für Entfaltung und Fantasie. Es wäre eine Klammer, die konkrete Empathie verlangt für die Leidenden auf allen Flecken der Erde und konkretes Handeln für sie, anstatt sich bei der Suche nach dem einzig wahren Objekt der Solidarität zu verhärten – gegen die anderen, gegen sich, gegen alles.

»Für das Leben« bedeutet Widerstand gegen die Verachtung und Menschenfeindlichkeit, die in Trump und AfD ihre Aufreger hat und in FDP & Co ihre Normalität. Der universelle Wunsch nach »dem Leben«, die »antifaschistische Lebensverteidigung«, wie es im Aufruf zur besagten Kundgebung hieß, wäre so ein guter Sammelpunkt gegen Antisemitismus und Rassismus, gegen patriarchale und normative Gewalt. Danke, Feminismus.

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