Die Welt ist im Wandel

Zwei neue Atlanten zu Klima- und Geopolitik - von Luisa Neubauer und Émilie Aubry

  • Andreas Form
  • Lesedauer: 3 Min.
Ein Totenkopfaffe im brasilianischen Amazonas-Regenwald - wie groß ist seine Überlebenschance?
Ein Totenkopfaffe im brasilianischen Amazonas-Regenwald - wie groß ist seine Überlebenschance?

Atlanten dienen der Sichtbarmachung geografischer Proportionen und Zusammenhänge, zunehmend aber auch der Visualisierung von komplexen Inhalten. Zwei aktuelle Beispiele belegen die vielfachen Möglichkeiten dieses hybriden literarisch-grafischen Formats.

Die Arte-Chefredakteurin des geopolitischen Magazins »Mit offenen Karten«, Émilie Aubry, und ihr Kollege Frank Tétart informieren in ihrem geopolitischen Atlas über 28 Krisenherde der Welt, darunter viele, von denen die meisten von uns keine Ahnung haben. Alle wissen, in Brasilien brennt der Regenwald, doch welche Gefahren durch unverantwortliches Handeln von Großagrariern und internationalen Konzernen drohen, die nach den vielfältigen Bodenschätzen gieren, sind weniger bekannt. Eine Karte des Südchinesischen Meeres mit den sich vielfältig überschneidenden Seegrenzen von sechs Anliegerstaaten veranschaulicht das Knäuel von konträren Interessen und Konflikten, die dort schwelen. Das gilt auch für Nahost, wo sich die Autoren mit einer Kommentierung zurückhalten. Den mehrfachen äthiopischen Olympiasieger im Marathonlauf Abebe Bikila kennt jeder, aber wie der ethnische Föderalismus in seinem Heimatland konfliktfrei praktiziert werden kann, weiß niemand so recht. Das große ostafrikanische Land mit seinen weit über 120 Millionen Einwohnern wird von Gewalt, Armut und Hunger geplagt, ebenso wie Mali, hier vorgestellt als »Drama der Sahelzone«. Ganz Westafrika ist fest im Griff des Dschihadismus ... »Die Welt der Gegenwart« klärt über diese und viele andere Krisenherde kompetent und im Interesse des Weltfriedens auf.

In dem von Luisa Neubauer und ihrem Team vorgelegten Atlas geht es mehr um klimatische Herausforderungen. Auch der gerade zu Ende gegangene Klimagipfel in Aserbaidschan hat mal wieder nicht die erhofften Ergebnisse gebracht. Umso wichtiger sind solche, stetig mahnenden Bücher wie das von der 28-jährigen, international anerkannten deutschen Klimaaktivistin, verfasst gemeinsam mit dem Redakteur von »Zeit Online« Christian Endt, illustriert vom begnadeten Grafikdesigner Ole Häntzschel, alle aus Berlin. Sie bieten eine alarmierende Bestandsaufnahme, plädieren für den Erhalt der Moore wie der Biodiversität generell und entwerfen Zukunftsszenarien. Berichtet wird auch über erfreuliche, wenn auch kleine Fortschritte, die wichtig sind für das Überleben der Menschheit. Die drei wollen mit ihren Texten und Karten den Blick für all das weiten, »was sich kulturell, technologisch, gesellschaftlich, politisch und wirtschaftlich gerade verändert – von der Energiegewinnung über die Gesetzgebung bis hin zu unserer Sprache und unseren Zukunftsträumen«. Ihr durchaus zuversichtliche Fazit: »Die Welt ist im Wandel, und das ist eine gute Nachricht.« Beide Atlanten gehören auf Lehrer- und Schülerpulte!

Émilie Aubry/Frank Tétart: Die Welt der Gegenwart – ein geopolitischer Atlas. A. d. Franz. v. Anna u. Wolf Heinrich Leube. C. H. Beck, 224 S., geb., Karten, Schaubilder u. Fotos, 29 €.
Luisa Neubauer/Christian Endt/Ole Häntzschel: Der Klima-Atlas. 80 Karten für die Welt von morgen. Rowohlt, 192 S., geb., 28 €.

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